" Alea jacta est - der Rubikon ist überschritten - ich habe soeben
unterschrieben. - . . . " Mit diesen Worten, mit denen mein verehrter Lehrer
und jetziger Prinzipal Virchow mich auf dem Anhaltischen Bahnhof
überraschte, um mir am Samstag seine definitive Annahme des Berliner Rufs
anzuzeigen; mit denselben Worten stelle ich mich jetzt als neugebackenen
Assistenten desselben vor, als "Königlich bayrischer Assistent an der
pathologisch-anatomischen Anstalt zu Würzburg", mit 150 Gulden jährlichem
Gehalt, welches jedoch jedenfalls nur halbjährlich ausfallen wird! So hätte
sich mir also eine Reihe hoffnungsvoller neuer Aussichten eröffnet. Virchow
geht sicher im Herbst nach Berlin, und ich bin jetzt hier für diesen Sommer
noch sein Assistent geworden, um es dann hoffentlich dort noch einige Zeit
zu bleiben. Nun können wir uns also recht für den Winter freuen! Das
vielgefürchtete Examen ging heute früh sehr glücklich vor sich. Der
öffentliche Termin dazu war eigentlich zu morgen (Donnerstag) anberaumt.
Allein da Virchow mir gestern gesagt hatte, daß es bei Anwesenheit einer
Leiche auch schon heute vor sich gehen könne, so war ich heute früh, als ich
um 9 Uhr die Ankunft eines Kadavers auf der Anatomie erfuhr, nicht faul und
lief zugleich zu Virchow. Dort traf ich zufällig einen Rivalen, der seine
Konkurrenz heute morgen aufgegeben hatte und grade Virchow seinen Rücktritt
anzeigte. Ich war also von einer großen Last befreit! Von Virchow ging ich
sogleich zum Dekan, Professor Narr, welchen ich eine Stunde lang vergeblich
überall suchte. Endlich um 10 Uhr kam er nach Haus und machte sogleich einen
öffentlichen Anschlag im Juliushospital, wonach die Prüfung um 1/2 11 Uhr
stattfinden sollte (was den großen Vorteil hatte, daß nur sehr wenige
Studenten den Anschlag lesen und mich mit ihrer Gegenwart bei der Prüfung
beehren konnten). Um 11 Uhr fand dieselbe also in Gegenwart der Professoren
Virchow, Kölliker und Narr (letzterer als Dekan) statt, und um 1 Uhr war ich
Assistent! Die Sektion war interessant, aber nicht schwierig (hämorrhagische
Pleuritis der linken Seite, chronische Bronchitis der rechten Seite,
vollständige Verwachsung des Herzbeutels mit den Lungen, dem Zwerchfell und
dem Herzen, chronische Endokarditis). Dr. Grohé, der bisherige Assistent,
schrieb das Protokoll, das ich diktierte. Nachdem ich die Sektion gemacht,
ließ mich Virchow von drei gegebenen Thematen eines durch das Los ziehen, um
ex tempore darüber einen Vortrag zu halten. Das Glück wies mir zu:
"Histologie des Tuberkels und nahe verwandter Gebilde". Da ich mich ganz
speziell damit beschäftigt (bei Lieferung des Aufsatzes in die "Wiener
Medizinische Wochenschrift"), so war natürlich die ganze Geschichte eine
Spielerei. Ich benutzte nicht einmal die angebotene Bedenkzeit, sondern fing
gleich ganz ex tempore den Vortrag an, der kaum der Rede wert war. Morgen
werde ich nun meine Funktion antreten und das pathologisch-anatomische
Museum übernehmen. Hurra!!! - . . .