H. Schenk: Betraege zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln

§ 5. Die canarischen Federbuschgewächse

[Vorhergehendes Kapitel] [Index] [Nächstes Kapitel]

II. Die basale Region.

§ 5. Die canarischen Federbuschgewächse.

("Text" von A. F. W. SCHIMPER.)

"So fremdartig und neu der Wuchs des Drachenbaumes dem Reisenden erscheint und ohne Aehnlichkeit mit irgend einem kontinentalen Gewächs, so ist seine Gestalt doch auf den Canaren keineswegs isoliert; vielmehr sieht man in den offenen Landschaften des Tieflandes der Inseln überall, jedoch in Zwergform, die Kandelaber mit den Federbüschen schmaler Blätter auftreten. Man glaubt manchmal eine einzige Art oder doch ganz nahe verwandte Arten vor sich zu haben, und man erstaunt, wenn man die Blüten erblickt, in der einen eine Wolfsmilch, in der anderen einen Senecio zu erkennen.

Holzgewächse aus den verschiedensten Verwandtschaftskreisen haben auf den Canaren die Federbuschform angenommen, darunter einige der gemeinsten Endemen, wie die unkrautartig überall wuchernde Kleinia neriifolia HAW. (Textfig. 10 und 11), die ebenso häufige Euphorbia regis Jubae WEBB (Taf. XX {V} und Textfig. 12), welche sterile Standorte oft für sich allein in dichten Beständen beherrscht, und eine Anzahl anderer mehr lokalisierter Euphorbien von ähnlicher Gestalt, die mit der genannten zusammen die Gruppe der Tabaybas bilden.

Full size, 300 dpi
Screen size
Federbuschsträucher. Links Euphorbia atropurpurea BROUSS., rechts Kleinia neriifolia HAW., Canaren. Stark verkleinert. Nach WEBB und BERTHELOT, Atlas Facies Taf. II und III [SCHIMPER]

Manche der endemischen canarischen Semperviva haben mit der Kleinia, trotz ihrer mehr fleischigen Blätter, eine sehr große Aehnlichkeit, und die gleiche Form tritt wieder auf bei Echium-Arten (E. virescens DC. {Textfig. 13 und 19}, E. simplex DC. etc.).

Suchen wir nach der Federbuschform in anderen Gebieten, so finden wir sie vertreten, jedoch anscheinend weniger häufig, auf den anderen makaronesischen Inseln; sie zeigt sich in ausgeprägter Form in der Campanula Vidalii WATSON der Azoren (Textfig. 13) und in einer abweichenden Ausbildung des Grundtypus bei der ebenfalls zu den Campanulaceen behörenden Musschia Wollastoni LOWE von Madeira (Textfig. 14.) Wir vermissen sie ganz in den Mediterranländern, deren Flora systematisch mit derjenigen der makaronesischen Inseln so nahe verwandt ist. Auch bei den nächsten Verwandten canarischer Federbuschpflanzen finden wir sie nicht. So ist die südeuropäische Euphorbia dendroides L. mit den canarischen Tabaybas verwandt und erinnert auch habituell an dieselben, nur nicht in dem besonders charakteristischen; die Aeste sind dünner und die Blätter sind durch deutliche Internoden getrennt, in lockerer Spirale angeordnet. Der gleich Unterschied kennzeichnet die canarische Kleinia neriifolia HAW. vor ihren marokkanischen Verwandten (z. B. Kleinia pteroneura DC., Textfig. 15). Da kehrt aber die bedeutendste Erscheinung wieder, die wir bei den Dracänen kennen lernten, daß die Jugendform der canarischen Art (Textfig. 16) bezüglich der Anordnung der Blätter den kontinentalen Formen gleicht. Das Auftreten einer sonst selteneren Wuchsform innerhalb der verschiedenen Formenkreise, die Abweichung der canarischen Art gerade bezüglich dieses Charakters von ihren kontinentalen Verwandten, die Uebereinstimmung des jugendlichen Zustandes der ersteren mit dem ausgewachsenen der letzteren sind unzweifelhafte Beweise, daß wir es mit einer Anpassung an äußere Faktoren zu thun haben.

Full size, 300 dpi
Screen size
Kleinia neriifolia HAW. 69 cm hohes Exemplar. 16. Mai 1907 photographiert im botanischen Garten zu Darmstadt von H. SCHENCK.
Full size, 300 dpi
Screen size
Euphorbia regis Jubae WEBB et BERTH. 70 cm hohes, ca 6 Jahre ales Gewächshausexemplar, mit den ersten Astquirlen. Im botanischen Garten zu Zürich photographiert von H. SCHENCK.
Full size, 300 dpi
Screen size
Federbuschpflanzen. Links Campanula Vidalii WATSON von den Azoren, in der Mitte Euphorbia balsamifera AIT. von den Canaren, rechts Echium virescens DC., von den Canaren. Stark verkleienrt. Photographische Aufnahme von C. RUF im botanischen Garten Basel. [SCHIMPER.]
Full size, 300 dpi
Screen size
Musschia Wollastonia LOWE von Madeira. 1/10 nat. Gr. A vegetative Pflanze, B dieselbe Pflanze in Blüte. Photographische Aufnahme von C. RUF im botanischen Garten Basel. [SCHIMPER.]
Full size, 300 dpi
Screen size
Links Kleinia pteroneura DC. aus Marokko, rechts Euphorbia dendroides L. aus Südfrankreich. Nat. Gr. [SCHIMPER.]
Full size, 300 dpi
Screen size
Euphorbia regis Jubae WEBB. Keimpflanze. Nat. Gr. Botanischer Garten Basel. [SCHIMPER.]

Betrachten wir die Vegetation außerhalb des soeben umgrenzten Gebietes - desjenigen der Mediterranländer und ihren Kolonien - so werden uns allerdings Holzgewächse mit an einem einfachen Stamme oder an wenigen dicken Aesten in Endrosetten gruppierten Blättern häufiger begegnen, und zwar unter den verschiedensten Existenzbedingungen; auch wird sich in manchen Fällen, im Gegensatz zur Flora der Canaren, ein unverkennbarer Zusammenhang mit der systematischen Verwandtschaft bieten. Letzteres ist namentlich der Fall bei den Palmen und bei den Araliaceen. In beiden Familien weichen jedoch die Blätter wesentlich von denjenigen der canarischen Federbuschgewächsen ab; sie sind sehr groß, meist sehr breit und sehr reich zerteilt.

In den beiden erwähnten Familien, welchen wir noch einige andere Sippen hinzufügen könnten, ist die Anhäufung der Blätter an den Achsenenden offenbar von klimatischen Faktoren unabhängig; jedoch ist hier auch ein äußerer Faktor als gestaltbildend im Spiele, die Schwere. Die großen Blätter von Palmen und Araliaceen haben ein bedeutendes Gewicht und sind durch eine verhältnismäßig kleine Fläche mit dem Stamme verbunden. Nahe dieser Fläche ist im Blattstiele die kritische Stelle, diejenige, wo das Zerreißen am leichtesten geschehen kann, denn hier ist die durch das Gewicht des Blattes bedingte Spannung am größten. Denken wir uns nun die Blätter vom Wind bewegt, so wird die Spannung an der kritischen Stelle noch weit größer werden, denn Stamm und Blatt werden ungleich bewegt. Das Abreißen von Blättern durch starken Wind geschieht, wie ich mich durch sehr zahlreiche Beobachtungen überzeugte, in weit höherem Maße, wenn dieselben groß, als wenn sie klein sind, und beinahe stets an der kritischen Stelle, obwohl dieselbe verbreitert zu sein pflegt; die zweite kritische Stelle an der Basis der Spreite ist nach meinen Beobachtungen weit widerstandsfähiger.

Es ist klar, daß das panzerartige Uebereinanderdecken der Blattbasen die Widerstandsfähigkeit der kritischen Stelle beträchtlich erhöht. Eine Erhöhung der Widerstandsfähigkeit ist um so notwendiger, als die Blätter größer und schwerer und die Luft bewegter ist, denn in beiden Fällen ist die kritische Stelle mehr in Anspruch genommen als bei geringer Größe der Blätter und bei ruhiger Luft.

Die Größe der Blätter bei Palmen und Araliaceen und anderen Gewächsen macht die rosettenartige Gruppierung der Blätter ökologisch begreiflich.

Ebenso begreiflich ist es uns nach dem gleichen Gesichtspunkte, daß die Blätter bodenständiger Rosetten so viel häufiger große Dimensionen erreichen als diejenigen von Bäumen; denn die kritischen Stellen sind hier von dem umgebenden Boden geschützt, und die Spreiten werden in den tieferen Schichten der Atmosphäre weniger bewegt als in den oberen, wo die hemmende Reibung der Erdoberfläche auf die Luftströmungen, sowie der von den größeren Unebenheiten bedingte Windschutz aufhören.

Bei den Federbuschgewächsen mit mittelgrößen und kleinen Blättern muß ein anderer Faktor als die Schwere der Blätter den starken Schutz der kritischen Stelle notwendig mache. Die Federbuschpflanzen, deren Blätter die gewöhnlichen Dimensionen nicht übertreffen und bei welchen der in Rede stehende Charakter nicht Sippenmerkmal ist, sind ausschließlich Bewohner sehr windiger Standorte.

Betrachten wir diese Gewächse näher, so werden wir uns überzeugen, daß noch andere Merkmale in Beziehung zur Luftbewegung stehen. Die Blätter typischer Federbuschpflanzen sind lang und schmal oder entbehren doch einer ausgeprägten Gliederung in Stiel und Spreite. Durch die schmale Gestalt ist dem Winde eine geringe Widerstandsfläche geboten und damit die Gefahr des Zerreißens vermindert, sowohl der Spreite als auch, infolge des geringen Zuges, der kritischen Stelle. Das Fehlen des Stieles bedingt dasjenige der oberen kritischen Stelle. Was die erste kritische Stelle betrifft, so ist sie durch Verbreiterung der Blattbasis und namentlich durch das panzerartige Uebereinanderdecken in wirksamster Weise geschützt. Die Spreiten sind blechartig steif, oder zwar sehr biegsam, aber auch, dank der Ausbildung ihres mechanischen Systems, sehr elastisch [ Die Litteratur über die mechanischen Eigenschaften der Laubblätter hat seitdem eine Bereicherung erfahren durch ALFRED URSPRUNG, Die physikalischen Eigenschaften der Laubblätter. Gekrönte Preisschrift der Universität Basel. Bibl. botanica, Heft 60, 1903. Diese Arbeit wurde auf Veranlassung SCHIMPER's unternommen. In ihr ist aber der Federbuschtypus nicht behandelt. ].

Der Schutz gegen Wind zeigt sich auch in dem Achsensystem. Eine reiche Zerteilung in kleine Aeste würde ein leichtes Zerreißen bedingen; daher sind nur wenige dicke Aeste vorhanden. Säulenartige Festigkeit (z. B. beim Drachenbaum) oder große Biegsamkeit, verbunden mit großer Elastizität, z. B. in auffallender Weise bei den Euphorbien, schützen Stamm und Aeste gegen das Zerbrechen. Die Aeste sind zwar oft sehr lang, was die Inanspruchnahme der kritischen Stelle an der Basis bei großer Biegsamkeit in hohem Maße bedingt, sie sind aber dementsprechend an der Basis beträchtlich dicker, so namentlich bei den biegsamen Euphorbien."

Im Anschluß an die vorstehenden Ausführungen SCHIMPER's seien im folgenden noch einige weitere Angaben über Federbuschgewächse der Canaren und anderer Gebiete angefügt.

1) Compositen. Kleinia neriifolia HAW. (Senecio Kleinia LESS.) {Textfig. 10 und 11, S. 272 und 273} ist der einzige Vertreter dieser hauptsächlich südafrikanischen, systematisch enge an Senecio sich anschließenden Gattung auf den Canaren, in der basalen Region des ganzen Archipels häufig und ihr eigentümlich; sie gehört mit manchen anderen canarischen Endemen zu dem von CHRIST als altafrikanisch bezeichneten Bestandteil der Canarenflora [ H. CHRIST, Ueber afrikanische Bestandteile der Schweizer Flora, S. 17. ]. Eine zweite nach Norden vorgeschobene Art der Gattung, Kleinia neriifolia führt den einheimischen Namen "Berode"; sie stellt kleine, reich und regelmäßig quirlig verästelte Bäumchen dar, die in hohem Alter bis 3 m Höhe erreichen, mit fleischigen Zweiggliedern, die ein sehr großes Mark, einen sehr schmalen Holzring und eine grüne Rinde mit auffallenden, lange bleibenden Blattnarben, endständige Rosetten etwas fleischiger, schmaler Blätter und aus diesen hervorragende gelbe Blütenbüschel besitzen. Im Sommer werden die Blätter abgeworfen [ A. BERGER, Systematische Uebersicht der kultivierten Kleinien (Monatsschr. f. Kaktenkunde, Bd. XV, 1905, S. 37) giebt an, daß die Pflanze in La Mortola im Oktober blüht und daß sie gegen Ende September von neuem austreibe, ganz wie Euphorbia dendriodes. ]. Außerordentliche Lebenszähigkeit zeichnet die Pflanze aus; abgeschnittene Zweige bleiben monatelang lebendig [ SCHACHT, Madeira, S. 126. - CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 467. ].

Allagopappus dichotomus CASS., ein gabelig verästelter Compositenstrauch der basalen Zone von Tenerife und Canaria, trägt lineale, derbe, 3-4 cm lange Blätter, die an den Astenden dicht aufeinander folgen. Er nähert sich darin sehr den typischen Federbuschpflanzen, ebenso wie auch das auf Fuerteventura endemisch, im Handiagebirge die Felsen mit geselliger Vegetation überziehende

Odontospermum sericeum C. SCHULTZ (Nauplius sericeus CASS.), ein herrliches, 1-1 1/3 m hohes, kleines Zwergbäumchen mit silberweiß behaarten, spatelförmigen Blättern und thalergroßen, goldgelben, nach Hollunderblüten duftenden Strahlenblüten, eine der schönsten endemischen Pflanzen, die BOLLE mit Leucadendron argenteum des Tafelberges vergleicht und als canarisches Edelweiß bezeichnet [ C. BOLLE, Florula insul. Purpur., S. 242, und Botanische Rückblicke auf Lanzarote und Fuertaventura, S. 249 und 254. - CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 501. ].

2) Euphorbia [ CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 503; Spicileg., S. 106, und Botan. Jahrb., Bd. XIII, 1891, S. 13. - BOLLE, Florula insul. Purpur., S. 253. ] Die Federbuscheuphorbien, auf den Canaren "Tabaybas" benannt, bilden eine makaronesische Gruppe der Sectio Tithymalus, Subsectio Pachycladae BOISSIER, die in einer Anzahl besonderer Arten auch auf anderen Inselgebieten der alten Welt (Socotra, Java, Fidje, Norfolk, Neu-Seeland) verbreitet sind. Die Tabayben verhalten sich in ihrem Formenreichtum wie die makaronesischen Arten von Echium, Sempervivum, Statice und Sonchus; sie stellen eine Gattungsgruppe vor, die aus dem Mittelmeergebiet frühzeitig nach den Inseln gewlangte und sich dort in neue Arten spaltete.

CHRIST [ CHRIST, Botan. Jahrb., Bd. XIII, 1891, S. 13. ] gruppiert die Tabayben folgendermaßen:

  1. Blütenstände rispenarten:
    E. mellifera AIT. (Madeira, Canaren); E. stygiana WATS. (Azoren).
  2. Blütenstände in Dolden:
    E. atropurpurea BROUSS. (Tenerife); E. Bourgeana J. GAY (Tenerife); E. Tuckeyana STEUD. (Capverden); E. Berthelotii C. BOLLE (Gomera); E. regis Jubae WEBB (Canaren); E. piscatoria (Madeira); E. obtusifolia POIR. (Canaren); E. dendroides L. (mediterran).
  3. Inflorescenz einköpfig:
    E. balsamifera AIT. (Canaren).

Unter ihnen erscheint Euphorbia regis Jubae WEBB, "Tabayba selvaje", auf allen westlichen Inseln der Canaren verbreitet und bedeckt oft ganze Abhänge mit ihrer ausschließlichen Vegetation von Buschwäldern. Nach BOLLE findet sich sich auch auf Fuertaventura. Sie wird bis 6 m hoch, ihr Stamm erreicht Schenkeldicke und verzweigt sich reich in 3-5-zählige Quirle. (Taf. XX {V} und Textfig. 12.)

Nächst dieser Art ist die Euphorbia balsamifera AIT., "Tabayba dulce" (Textfig. 13.), als ein reich verzweigter und regelmäßiger Kugelstrauch mit schirmdachartiger Krone und mit lineallanzettlich zugespitzten, ca. 20 cm langen Blättern in der basalen Region inder Nähe der Küste im Archipel verbreitet. Sie ist auf Tenerife weniger häufig als die erstere, wächst an der Südseite und auch an der Nortspitze der Insel; dagegen ist sie für Canaria charakteristisch, wo nach SCHACHT (S. 129) ihre 10 Fuß hohen, runden Büsche die dürren Hügel bei Las Palmas bedecken. Vor allem aber repräsentiert sich den Typus der Tabayben auf den Purpurarien, wo außer ihr noch E. regus Jubae und obtusifolia vorkommen, aber hinter sie ganz zurücktreten. Auf Fuertaventura und Lanzarote bildet sie nach BOLLE [ BOLLE, Botan. Rückblicke, S. 244. ], in endloser Menge aneinander gereiht, den sogenannten Monte verde oder Buschwald, sie wächst bis zur Größe eines mäßigen Feigenbaumes heran, bleibt allerdings meist viel niedriger uns ist für die Bewohner von größter Wichtigkeit als Brennholz liefernde Holzpflanze. Diese Tabaybales gehören wohl mit zu den eigentümlichsten Bildunder der Canaren, indem in ihnen auf weite Strecken hin die Federbuschform dominiert. BOLLE [ C. BOLLE, Botan. Rückblicke, S. 255. ] sagt, daß auf der Südseite des Handiagebirges enorme Stämme vorkommen, der Hauptsach nach aus wirr dichotomem Astwerk bestehend, mit tafelförmigem, flachen Gipfel, das Ganze von fast viereckiger Gestalt.

Von der kleinen Isleta de Lobos sagt BOLLE [ BOLLE, Botan. Rückblicke, S. 240. ]: "Ganz eingehüllt erscheint dies Lobos in den prachtvollsten Buschwald, den die Euphorbienformation je hervorzuzaubern vermochte. Es ist ausschließlich E. balsamifera, die auf der wüsten Insel, gruppiert um einen anlten, vom Meere halb verschlungenen Erhebungskrater, wunderschön, in ganz jungfräulicher Unberührtheit und staunenswerter Baumgröße sich entwickelt und erhalten hat."

Euphorbia obtusifolia POIR. wird für Tenerife, Canaria, Gomera und Hierro angegeben und tirtt nach BORNMÜLLER namentlich auf den drei letztgenannten Inseln überall massenhaft auf. Auf Hierro ist sie der häufigste Strauch. Nach BOLLE kommt sie auch auf Graciosa, Fuertaventura und Lanzarote vor. Sie hat gleiche Tracht wie E. regus Jubae.

Euphorbia Berthelotii C. BOLLE [ Vergl. H. CHRIST in Botan. Jahrb. Bd. XIII, 1891, S. 10. ] ist im Gegensatz zu den drei vorigen Arten nur auf eine einzige Insel beschränkt, ein endemisches Erzeugnis Gomeras, wo sie nach BOLLE in der Nähe der Küste in den Barrancos mit Echium aculeatum POIR. Buschwälder bildet. SIMONY fand sie 1889 sogar in einigen Exemplaren auch auf dem Gipfelplateau der Fortaleza bei 1215 m. BOLLE sagt: "Das etwa mannshohe Bäumchen (5-7 Fuß Höhe!) wölbt, fast breiter als hoch, seine kandelaberartige Krone über dem Sockel eines kurzen, am Grunde unmäßig verdickten und dabei geringelten Stammes. Von giftigem Milchsaft strotzend und deswegen gefürchtet, starrt es im Herbste vollkommen blattlos mit sparrigen, aschgrau gerindeten Zweigen, deren obere Enden angeschwollen und blutrot gefärbt sind, in die Lüfte."

Euporbia atropurpurea BROUSS. "Tabayba majorera" (Textfig. 10, 17 und 18), kommt nur auf Tenerife vor, und zwar als Felsstrauch auf der Südseite der Insel und an ihrer Westecke (Vorgebirge Punta de Teno und bei Buena Vista). Der gabelib oder dreiteilig verästelte Strauch trägt rotbraun berindete, glatte Aeste mit quer verlaufenden Blattnarben und graugrüne, sitzende, verkehrt eilanzettliche Blätter. Infolge ihrer braunrot gefärbten Blütenstände ist diese Art eine der auffallendsten der Tabaybas.

Nahe verwandt mit ihr ist die auf unzugänglichen Felsen bei Guimar an der Südseite Tenerifes vorkommende, also streng endemische Euphorbia Bourgeana J. GAY.

Abweichend durch meist baumartigen Wuchs und durch ihr Auftreten in der höher gelegenen Waldregion verhält sich unter den Tabayben die Euphorbia mellifera AIT. [ VAHL, Madeira, S. 277. ], die in den Wäldern Madeiras verbreitet ist. Auf den Canaren selten, findet sich sich nur auf Palma und an der Nordspitze Tenerifes in den Wäldern bei Taganana, wo sie einen bis 10 m hohen Baum vorstellt. Wir dürfen wohl annehmen, daß sie als eine an das Klima der montanen Region angepaßte Art aus einer basalen Art hervorgegangen ist.

Die Tabayben sind ferner vertreten auf den Azoren durch die der E. mellifera nahestehende E. stygiana WATS., auf Madeira durch die der E. regis Jubae ähnliche E. piscatoria AIT., die aber die Rosettenbildung an den Zweigenden weniger ausgeprägt zeigt, auf den Capverden durch die dort sehr verbreitete E. Tuckeyana WEBB.

Full size, 300 dpi
Screen size
Euphorbia atropurpurea BROUSS. Exemplar aus La Mortola. 2/3 nat. Gr.
Full size, 300 dpi
Screen size
Euphorbia atropurpurea BROUSS. 60 cm hohes, etwa 3-4-jähriges Gewächshausexemplar, blühend; der erste Astquirl beginnt sich zu entwickeln. Im botanischen Garten zu Zürich photographiert von H. SCHENCK, April 1907.

Im Mittelmeergebiet erscheint die Euphorbia dendroides L. [ A. BERGER, Succulente Euphorbien, Stuttgart 1907, S. 17. ]. CHRIST [ CHRIST, Vegetation und Flora der Canaren, S. 503. ] bezeichnet sie als eine aus dem atlantischen Centrum der Gruppe ins Mittelmeergebiet übergetretene, zugleich etwas kleinere Form. Man kann sie aber auch als Relikt der alten Tertiärflora des mediterranen Gebietes betrachten. An ihr ist die Federbuschform nicht typisch ausgeprägt. Sie stellt einen kugelrunden Strauch oder Zwergbaum von 1-3 m Höhe vor. Auch bei ihr zeigt sich als Anpassung an das dürre sommerliche Klima des Abwerfen des Laubes im Frühjahr und das Wiederaustreiben erst gegen Ende des Sommers. Sie steht also im Winter und Frühjahr belaubt da und blüht im März und April.

Die Federbuschform scheint nicht nur auf die Sectio Pachycladae BOISS. beschränkt, sondern auch in anderen Sektionen dieser ungemein vielgestaltigen Gattung zur Ausbildung gelangt zu sein.

So muß wohl nach der Abbildung und Beschreibung in HOOKER's Icones plant. (Plate 2347, Nov. 1897) auch die zur Sectio Goniostema gerechnete strauchige Euphorbia Abbottii BAKER der Aldabra-Insel zu dieser Vegetationsform gezählt werden.

3. Echium [ CHRIST, Spicilegium, S. 126, BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 465. - BOLLE, Florula insul. Purpur., S. 247. - Vergl. ferner A. DE COINCY, Les Echium de la Section des Pachylepus sect. nov. (Bull. de l'Herbier BOISSIER, 2me Série, T. III, p. 161). COINCY stellt für die strauchigen Echien der atlantischen Inseln die neue Section Pachylepis auf und gruppiert sie in anderer Weise wie CHRIST. ]. Die zahlreichen Arten der Canaren und von Madeira gruppiert CHRIST in folgender Weise:

a) Simplicia.
Subacaulia, simplicia, rosulata, hapaxantha, paniculis terminalibus longissimis.
1) Echium simplex DC., "Arrebol", Tenerife.
2) Echium Pininana WEBB, "Pininana", Palma.
3) Echium callithyrsum WEBB, Canaria.
4) Echium Auberianum WEBB, Tenerife, alpine Region.

b) Virescantia.
Fruticosa ramosa, foliis ad apicem ramorum fasculatis, paniculis terminalibus longis pyramidalibus bracteatis.
5) Echium virescens DC., westliche Canaren, besonders Tenerife.
6) Echium nervosum AIT, Madeira.
7) Echium candicans L. fil., Madeira.
8) Echium bifrons DC., Palma.
9) Echium hierrense WEBB, Hierro.
10) Echium onosmaefolium WEBB, Canaria, montane Region.
c) Gigantea.
Fruticosa ramosa, foliis confertis aut sparsis, non rosulatis, paniculis brevibus ovatis.
11) Echium giganteum L., westliche Canaren α) genuinum BORNM., β) leucophaeum WEBB., γ) aculeatum POIR. (pro sp.).
12) Echium Decaisnei WEBB (E. thyrsifolium MASS.), "Tajinaste", Canaria und Purpurarien.
d) Stricta.
Fruticulosa ramosa, foliis sparsis, ovato-lanceolatis, viridibus, cicinnis axillaribus.
13) Echium strictum L. fil., "Tajinaste", westliche Canaren.
var. lineolatum (JACQ.), Tenerife, Canaria.

Full size, 300 dpi
Screen size
Echium virescens DC. Canaren. Photographische Aufnahme eines kultivierten Exemplares von A. PURPUS im botanischen Garten Darmstadt. 1. April 1906.

Abgesehen von dem aus dem Mediterrangebiet stammenden, als Unkraut überall auf sämtlichen Canaren verbreiteten Echium plantagineum L., "Vivorino", sind sämtliche Arten endemisch, und zwar den westlichen Inseln eigenttümlich, nur Echium Decaisnei WEBB findet sich nach BOLLE auch auf dem Handiagebirge Fuertaventuras und auf Lanzarote. Ech. Decaisnei stellt einen 4-5 Fuß hohen Strauch dar und ist ebenso wie auch das verwandte großstrauchige E. giganteum L. und wie das Echium strictum L. fil. nicht oder kaum zu der Federbuschform SCHIMPER's zu rechnen, da die schmalen Blätter an den Aesten verteilt, nicht rosettig an den Enden gehäuft stehen. Dahingegen sind wohl die Simplicia und Virescentia größtenteils Federbuschpflanzen, die hauptsächlich die Felsen der Barrancos mit ihren auffallenden Blütenständen zieren, ausgebildet. Es ist von Interesse, wieder wie bei Statice, das nach Inseln getrennte Vorkommen fast aller hierher gehörigen Arten zu bemerken; die örtliche Trennung hat auch hier wieder die Spaltung innerhalb dieser Gattung mediterraner Herkunft begünstigt.

Als Beispiele für die beiden Gruppen seien Echium simplex DC., und Echium virescens DC. (Textfig. 13 und 19) erwähnt, die in unseren Kalthäusern besonders häufig kultiviert werden [ Betreffes beider Arten siehe u. a. H. HAALIER, Canarische Echium-Arten im Hamburger Botanischen Garten. Gartenflora Bd. LI, 1902, S. 372. (Mit Habitusbildern.) ].

Echium simplex DC., der "Arrebol" Tenerifes, stellt ein höchst eigenartiges, an einen Monocotylenbaum erinnerndes Gewächs dar, mit einfachem, kräftigem, bis 5 cm dickem, holzigem Stamm, der schließlich an mehrjährigen Pflanzen eine Höhe von 1 1/2 m erreicht, und an seinem Ende eine mehrere Decimeter breite Rosette lanzettlicher, grauseidenglänzend behaarter Blätter trägt, deren Blattrippe an der breit ansitzenden Blattbasis ungemein stark verdickt ist. So ist die Form und die Anordnung der Blätter in hohem Maße geeignet, der zerreißenden Wirkung des Windes zu begegnen.

Die Achse verlängert sich nach mehreren Jahren, wenn das Gewächs zur Blüte übergeht, zu einem hohen, dicht beblätterten Schaft, der in eine mächtige, bis 70 cm lange Rispe milchweißer Blätter ausläuft. Mit der Fruchtbildung erschöpft die Pflanze ihre ganze Kraft und stirbt dann an.

Echium virescens DC. dagegen, als Typus der Gruppe Virescentia, bildet, wie Textfig. 19 zeigt, einen sparrig verästelten Strauch, der 1 1/2 m Höhe und mehr erreicht. Die lanzettlichen, graugrünen, weichhaarigen Blätter bilden an den Zweigenden Rosetten, aus deren Mitte jedes Jahr die hier viel kleineren Rispen blauer Blüten hervorkommen.

Full size, 300 dpi
Screen size
Sempervivum balsamiferum WEBB et BERTH. 69 cm hoher Strauch. April 1907 photographiert im botanischen Garten zu Darmstadt von H. SCHENCK.

4) Sempervivum [ CHRIST, Spicilegium, S. 108 und 160, giebt eine Uebersicht der Arten. - Vergl. ferner BORNMÜLLER, Botan. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 427, und Hierro, S. 9. - BOLLE, Florula insul. Purpur. S. 240. - CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 470 und 502; Frühlingsfahrt, S. 187. - R. P. MURRAY, Canarian and Madeiran Crassulaceae, Journal of botany, XXXVII, 1899, S. 201. ]. Diese Gattung hat in den 4 Sektionen Aichryon, Goochia, Aeonium, Greenovia eine ungemein reiche Entwicklung von Formen auf den Canaren, besonders auf den westlichen Inseln, erfahren. Im ganzen sind etwa 60 Arten unterschieden worden, und auch die mit Sempervivum verwandte Gattung Monanthes zählt hier etwa 10 Arten. Viele dieser Formen, die übrigens noch einer exakten monographischen Bearbeitung harren, sind ebenso, wie es innerhalb der gleichfalls der Mediterranflora entstammenden Gattungen Statice, Echium etc. der Fall ist, auf einzelne Inseln oder engbegrenzte Standorte beschränkt. Auch Madeira und die Capverden besitzen eine Anzahl endemischer Formen, während die Azoren nach TRELEASE nur eine Art, Sempervivum villosum AIT. beherbergen, die auch auf Madeira und in verwandten Formen auf den Canaren vorkommt.

Full size, 300 dpi
Screen size
Sempervivum Webbii BOLLE, von den Capverden. A mehrjähriges Exemplar vor der Blüte 1906 30. März, B blühende Pflanze 1906 18. Mai. Photographische Aufnahmen von A. PURPUS im botanischen Garten zu Darmstadt.

Nur ein Teil der makaronesischen Semperviven gehört zu den Federbuschgewächsen SCHIMPER's, nämlich diejenigen Arten, welche zu kleinen Sträuchern heranwachsen und dann am Ende ihrer dicken und langen Zweige die Blätter in Rosettenform angeordnet zeigen. Hierher gehören wohl sämtliche Vertreter der von CHRIST aufgestellten Sectio Goochia, als deren Vertreter z. B. das an trockensten Felsen Tenerifes häufige Sempervivum Lindleyi (WEBB) oder das auf Lanzarote endemische Sempervivum balsamiferum (WEBB) {Textfig. 20} genannt seien; aus der Sectio Aeonium CHRIST ist Sempervivum holochrysum (WEBB) von Südtenerife zu nennen. Eine jede Insel des Archipels besitzt eine oder mehrere solcher strauchiger Formen, die hauptsächlich an den Felsen der Barrancos sich ansiedeln.

Full size, 300 dpi
Screen size
Sempervivum arboreum L., ca. 1/5 nat. Gr. Photographische Aufnahme von Prof. J. A. HENRIQUES im botanischen Garten zu Coimbra. [SCHIMPER.]

Textfig. 21 giebt den Habitus einer einfach-stämmigen, mehrjährigen Pflanze des auf den Capverden einheimischen Sempervivum Webbii BOLLE wieder, während Textfig. 22 ein älteres, verzweigtes Exemplar von Sempervivum arboreum L. zur Darstellung bringt. Letzteres ist die einzige Art der strauchigen Federbuschformen der Gattung, die auch in Portugal und auf den südlichen Inseln des Mittelmeergebietes bis zu den griechischen Inseln und Cypern verbreitet ist. CHRIST [ CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 502. ] nimmt mit Recht an, daß diese Art vom atlantischen Centrum aus in ihr heutiges Areal eingewandert sei. BOLLE [ BOLLE, Florula insul. Purpur., S. 240. ] führt S. arboreum von Lanzarote auf, während Index Kewensis und auch CHRIST es nicht unter den canarischen Gewächsen aufführen. Die Angaben über sein Vorkommen auf den Canaren beziehen sich zum Teil auf das nahe verwandte Sempervivum holochrysum (WEBB). Hingegen wurde es in neuerer Zeit von REV. P. MURRAY [ P. MURRAY, Journal of botany, T. XXXVII, 1899, S. 202. ] auf Canaria nachgewiesen; im Mittelmeergebiet tritt es also nur eingeschleppt und verwildert auf. In der Hochgebirgsflora von Abessinien kommen übrigens auch zwei Semperviven vor [ A. ENGLER, Hochgebirgsflora des tropischen Afrika. Abhandl. d. Königl. Akad. Berlin, 1891, S. 229. ], nämlich das mit S. arboreum nahe verwandte Sempervivum chrysanthum HOCHST. und das zur atlantischen Sektion Aichryson gehörige S. abessinicum HOCHST.

Full size, 300 dpi
Screen size
Sempervivum canariense L. An einer Tuffwand im Barranco Tajodia auf Tenerife. Photographische Aufnahme von Prof. Dr. O. SIMONY.

Den strauchigen Arten stehen andere gegenüber, die nicht zur Federbuschform gehören, sondern deren holziger, mehrjähriger Stengel kurz bleibt und somit die Blattrosette dem Boden dicht genähert tragt. Als Typus dieser Formen kann Sempervivum canariensey L. (Aeonium WEBB) betrachtet werden, das auf den westlichen Canaren in Barrancos der basalen Region verbreitet ist. Unser Bild Textfig. 23, nach einer Aufnahme von O. SIMONY, zeigt die Pflanze in verschiedenen Stadien an ihrem natürlichen Standort, einer Tuffwand. Die großen trichterförmigen Rosetten obovat-spateliger Blätter sitzen flach der senkrechten Wand an. Die Canarier nennen diese Art "Oreja de Abad" (Ohr des Abtes); die Rosetten gehen nach mehreren Jahren zur Blüte über und sterben dann ab. Aehnlichen Wuchs besitzt Sempervivum aureum CHR. SM. (Greenovia aurea WEBB), "Pastel del Risco". Auch ihre becherförmigen Rosetten sitzen auf kurzen ausläufertreibenden Stämmen, daher zu mehreren bei einander, an senkrechten Felswänden Tenerifes und Canarias; sie erreichen große Dimensionen und treiben einen bis 2 Fuß hohen, reich zusammengesetzten Blütenstand. CHRIST [ CHRIST, Frühlingsfahrt, S.187. ] giebt an, daß eine Pflanze mit dem Blütenstand wohl 10 Pfd. wiege.

Die Arten von Monanthes HAW. (Petrophyes WEBB et BERTH.) sind meist kleine, von Felsen herabhängende Kräuter mit kriechenden Zweigen und succulenten kleinen Blättchen. Sie wiederholen also ähnliche Wuchsformen, wie unsere kleinen Sedum-Arten.

5) Federbuschgewächse in anderen Gebieten.

Die Flora der Juan Fernandez-Inseln (ca. 33 1/2° S. Br.) besitzt eine Anzahl endemischer Federbuschbäume aus den Familien der Umbelliferen, Compositen und Plantaginaceen. So zeigt Eryngium bupleuroides HOOK. at ARN. [ F. JOHOW, Flora de Juan Fernandez, Santiago 1896, Taf. XII. ], ein gabelig verzweigter kleiner Baum mit abgerundeter, von den endständigen Blattrosetten gebildeter Krone, habituell große Aehnlichkeit mit den Tabaybas der Canaren, und unter den Compositen sind Rhetinodendron Berteroi HEMSL., mehrere Arten von Robinsonia, Centaurodendron dracaenoides JOHOW und einige Dendroseris-Arten [ Ibid., Taf. VI, Dendroseris micrantha HOOK et ARN. ] als hierher gehörige Sträucher oder kleine Bäume zu zählen (Textfig. 24). Ihre starknervigen Blätter haben lanzettliche Form und sitzen mit breiter Basis dicht gedrängt den Zweigenden an. Plantago fernandezia BERT. [ Ibid., Taf. VIII. ] gehört ebenfalls hierher; ihr holziger, dicker, einfacher, 1-2 m hoher Stamm trägt einen Busch von halbstengelumfassenden, 20 cm langen, schmalllanzettlichen Blättern, so daß das Gewächs den Habitus eines monocotylen Schopfbaumes aufweist. JOHOW bemerkt, daß sie von allen Arten der Gattung die meiste Aehnlichkei tmit Plantago princeps CHAM. et SCHL. der Hawaii-Inseln aufweise, die in der That nach der Beschreibung [ W. HILLEBRAND, Flora of the Hawaiian Islands. 1888, p. 363. ] hierher gehört.

Die Hawaii-Inseln beherbergen auf ihren höchsten Höhen einige holzige Compositen, Argyroxiphium sandwicense DC. und virescens HILLEBR., Wilkesia gymnoxiphium GRAY und Grayana HILLEBR. [ Ibid., p. 218. ], die mit ihrem Yucca-ähnlichen Habitus und ihren dichten Kronen schmaler sitzender Blätter den Charakter der Federbuschpflanzen wiederholen, und ihnen schließen sich auch die Espeletien [ Abbildungen in ENGLER-PRANTL, Nat. Pflanzenfamil., Bd. IV, 5, S. 217, und K. GOEBEL, Pflanzenbiolog. Schilderungen, II. Teil, 1891, Taf. X. ] der südamerikanischen Anden an, die eine gewisse Aehnlichkeit mit einer jungen Dracaena Draco aufweisen.

Aus den ostafrikanischen Hochgebirgen ist hier Senecio Johnstoni OLIV. [ A. ENGLER, Die Pflanzenwelt Ostafrikas, 1895, A, S. 128. ], von ähnlichem Wuchse, zu erwähnen. In diesen Gebirgen treten auch holzige, einfachstämmige Lobelien vom Habitus der canarischen Echium simplex auf, z. B. Lobelia Volkensii ENGL. vom Kilimandscharo und Ulugurugebirge [ Abbildung auf Taf. XXXII und XLIX in W. GOETZE und A. ENGLER, Vegetationsansichten aus Deutsch-Ostafrika, 1902. ].

In den Gebirgen des Kaplandes dürften ebenfalls eine Anzahl von Federbuschgewächsen aus verschiedenen Familien nachzuweisen sein, wie ich aus Vegetationsaufnahmen des Herrn Dr. R. MARLOTH [ Vgl. R. MARLOTH, Kapland, Wiss. Ergeb. der deutschen Tiefsee-Expedition, 1898-99, Bd. II, 3. Teil. ] schließen möchte.

Unter den Holzgewächsen der tropischen Strandflora, deren Physiognomie außer von anderen Faktoren auch von häufigen Winden beeinflußt wird, ist die Federbuschform ebenfalls vertreten. Als Beispiele seien zwei weitverbreitete Strandsträucher des Indischen Oceans erwähnt, die Goodeniacee Scaevola Koenigii VAHL mit langen wirren Aesten und entständigen Blattrosetten und die Borraginacee Tournefortia argentea L.

Full size, 300 dpi
Screen size
Dendroseris micrantha HOOK. et ARN. var pruinata JOHOW von Juan Fernandez. Photographische Aufnahme eines 1,10 m hohen kultiverten Exemplares von A. PURPUS im botanischen Garten zu Darmstadt 1. April 1907.

Bemerkt sei, daß die oben angeführten nicht canarischen Federbuschtypen noch weiterer Untersuchungen bedürfen, inwieweit bei ihnen eine Anpassung an windiges Klima vorliegt, oder ob es sich nur um rein morphologische Charaktere handelt. Es ist denkbar, daß eine typische Federbuschpflanze, die in einem windigen Klima entstanden war, nachträglich auch in Gebiete mit anderem Klima einwandern konnte, wo sie ihre Organisation beibehielt, weil die Grenzen ihrer Existenzmöglichkeit nicht überschritten wurden.


© 2002, Kurt Stüber, MPI für Züchtungsforschung.
This page is part of Kurt Stübers Online Library.
This page has been created 29 January 2002.