Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

148 Ein Ausflug in das Quellgebiet des Burnett.

wir in Eidsvold ein, und ich benutzte meinen Aufenthalt daselbst, um einige Weihnachtseinkäufe zu machen. Es ist wunderbar, welch mannigfaltige und hübsche Sachen man in solch einem abgelegenen Minenstädtchen bekommen kann, ein Beweis für den praktischen Sinn der Leute und ihre Fähigkeit, es sich überall, wo sie sich auch nur auf kurze Zeit niederlassen, heimisch und behaglich zu machen.

Abends waren wir wieder in Coonambula, und am nächsten Morgen in aller Frühe ritt ich in mein Camp zurück. Dort traf ich alles in bester Ordnung an. Dahlke war glücklich aus Gayndah zurückgekehrt; er hatte von dort seinen 16jährigen Neffen Albert Dahlke mitgebracht, einen kräftigen, sehr geschickten und intelligenten jungen Mann, der bei all seiner Jugend schon ein vorzüglicher Reiter war und auch mit Schrotgewehr und Büchse gut umzugehen wußte1). Ich nahm ihn gern in meine Dienste, umsomehr als ich Horn zu kündigen beabsichtigte, mit dem ich nicht gut auskam. Zu meiner Freude sah ich, daß die Flüsse bedeutend gefallen waren, so daß es möglich war, wieder an die Arbeit zu gehen. Nachmittags ritt ich nach Coonambula zurück, um dort Weihnachten zu verleben. Es war heute der 24. Dezember. Ich hatte die schönsten Kleider angezogen, die ich im Camp mitführte, und hatte die kleinen Geschenke, die ich für die Kinder in Eidsvold gekauft hatte, sorgfältig vor mir am Sattel befestigt, außerdem noch zwei Talegallus lathami, die meine Leute im Scrub geschossen hatten. Man konnte jetzt den Fluß zu Pferde überschreiten, ohne zu schwimmen, allerdings mußte man die Beine in die Höhe ziehen, um nicht naß zu werden. Mitten im Fluß, der von der Flut her noch voll Holz und umgestürzten Bäumen war, begann mein Pferd plötzlich heftig zu bocken. Es mußte wohl im Wasser von irgend etwas unsanft berührt worden sein, wahrscheinlich von einem Baumast oder einer Baumwurzel. In demselben Augenblick fühlte ich mich kopfüber ins Wasser geschleudert und zwar, wie ich wahrnahm, noch im Sattel sitzend, so daß ich zuerst glauben mußte, mein Pferd hätte einen Purzelbaum geschlagen, und schon erwartete, die Pferdebeine wieder auf meiner Brust zu fühlen. Glücklicherweise war dies nicht der Fall; das Tier hatte nur bei dem heftigen Bocken den etwas altersschwachen Sattelgurt,

l) Aus Albert Dahlke ist später ein Mann von hervorragender Tüchtigkeit geworden, der sich zum »Manager« großer Squatterstationen emporgeschwungen hat. Leider wurde mein alter Reisegefährte im Jahre 1902 von einer Bande Buschklepper in scheußlicher Weise ermordet, als er in seiner energischen und furchtlosen Weise versuchte ihrem Treiben, besonders ihren wiederholten Viehdiebstählen, Einhalt zu tun.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003