Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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320 Thursday Island und die Torresstraße.

das Dredgen in Tiefen bis zu 15 Metern, ferner das Sammeln auf den während der Ebbe trocken gelegten Riffen. Letztere Methode brachte mir viele interessante und zum Teil neue Formen; ergiebiger als die Küstenriffe, welche die Inseln umsäumen, erwiesen sich dabei die kleinen selbständigen Riffe zwischen den Inseln. Beim Sammeln auf den Riffen hat man eine gewisse Vorsicht zu beobachten. Im flachen Wasser liegen mit geöffneten Schalen die riesigen Tridacna-muscheln, dieselben, die man zuweilen in Europa als Weihkessel in Kirchen oder als Schmuck in Hallen und Gärten aufgestellt sieht. Wehe demjenigen, der etwa beim Herumwaten unvorsichtig in sie hineintritt. Manchem Trepangsucher, dem das passiert ist, sind schon die Weichteile des Fußes bis auf den Knochen von der Muschel, die mit Riesenkraft ihre Schalen zu schließen vermag, durchschnitten worden. Keine menschliche Kraft vermag die Muschel wieder zu öffnen, und ein so gefangener Mensch kann nur dadurch befreit werden, daß seine Kameraden mit einem Messer die Schließmuskeln der Schale durchschneiden.

Auch gibt es auf den Riffen in den Höhlungen des Korallenfelsen eine Anzahl Fische (Percis, Sillago, Batrachus), deren Rücken- und Kiemendeckelstachel höchst schmerzhafte, ja gefährliche Wunden machen können. Unterhaltend ist es zu sehen, wie beim Zurückgehen des Wassers sich immer eine Anzahl kleinerer Haifische an den Riffen einfindet, um zwar nicht im trüben aber im flachen Wasser nach solchen Tieren zu jagen, die von der Ebbe überrascht hier in der Enge ihren schlauen Feinden nicht wohl entgehen können. Manchmal werden übrigens die kleinen Räuber selbst aufs Trockene gesetzt und zweimal habe ich auf diese Weise kleine Haifische, die nicht mehr das offene Wasser zu erreichen vermochten, durch Steinwürfe im Flachwasser erlegt.

Viel Vergnügen bereitete mir auf unseren Segelfahrten ein andrer Fisch, der Schiffhalter, Echeneis. Die Schiffhalter besitzen am Kopf und Vorderrücken eine flache längliche Saugscheibe, mit der sie sich an Schiffe und größere Fische, besonders Haifische fest anheften und sich so herumtragen lassen. Aus Büchern waren mir diese Fische, die übrigens auch im Mittelmeer vorkommen, wohlbekannt, einen lebenden hatte ich noch nie gesehen.

Wir hatten einmal in den Mangroven von Wednesday Island während der Ebbe Tiere gesammelt und einige riesige braune Krabben gefangen, die man in jenen Gegenden häufig in den Mangrovesümpfen unter Steinen und Wurzeln versteckt findet, und die sich an Wohlgeschmack durchaus mit Hummer und Languste messen können. Ihren


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003