Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

Malayische Reinlichkeit. 452

oder dritten Lebensjahre täglich ein Vollbad, dann aber begnügt man sich mit einer täglichen Waschung des Oberkörpers und badet nur ein- oder zweimal in der Woche. Und doch wäre es eine Kleinigkeit, und nicht einmal mit Kosten verknüpft, mit Hilfe einer Sitzwanne und eines Eimers dem ganzen Körper täglich die Wohltat einer vollen Reinigung zu gewähren

Im Badehause des Hotels fand ich die meisten Herren von der Wodonga wieder. Sie waren entzückt von dem herrlichen Blick, den man auf Flußthal und Berg hatte, und freuten sich an dem erfrischenden Bade. Noch aber war ihr Zorn von gestern nicht verraucht, und richtig fuhren sie schon in der Morgenfrühe fort, um den Tag in der brütenden Hitze von Batavia und Priok zu verbringen. Dafür hatten sie aber die Genugtuung, dieselbe Kost zu genießen, an welche schon ihre Vorfahren seit undenklicher Zeit gewöhnt waren und die sie als die einzig menschenwürdige betrachteten.

Von dem Hotel, an das sich das chinesische Stadtviertel anschließt, ist es nicht weit zum botanischen Garten, und ich schlenderte vormittags, als die Sonnenglut schon anfing sich bemerklich zu machen, dorthin, um mich dem Direktor desselben, Herrn Dr. Melchior Treub, vorzustellen, an den ich von befreundeter Seite empfohlen war und mit dem ich schon in brieflichem Verkehr gestanden hatte.

Der botanische Garten von Buitenzorg ist eines der Wunder der Tropen und steht einzig in seiner Art da. Am Fuße der javanischen Vulkan-Riesen gelegen, die sanfte Formenschönheit mit einfacher Größe verbinden, eröffnen sich in ihm dem Wanderer überall neue und überraschende Ausblicke, sobald er aus dem Pflanzendickicht heraustritt. Prächtig sind die Anlagen. Dem wissenschaftlichen Bedürfnis und der Ordnungsliebe des systematischen Botanikers ist in durchgreifender Weise Rechnung getragen, aber nirgends drängt sich das vordringlich hervor. Überall waltet ein feiner künstlerischer Geschmack. Außerdem aber verkörpert der Garten eine wissenschaftliche Anstalt ersten Ranges, in welcher für die Pflege der rein theoretischen wie der praktisch wichtigen Tropen-Botanik und Agrikulturchemie mehr getan wird als an irgend einem andern Orte der Welt. Den letzteren Ruhm verdankt er seinem jetzigen Direktor, Herrn Dr. Treub; seine Anlage als bloßer botanischer Garten reicht dagegen bis in das Jahr 1817 zurück.

Unter den Direktoren Reinwardt, Blume, Teijsmann, Scheffer und seit dem Jahre 1880 Treub wuchs der Garten aus kleinen Anfängen zu seiner gegenwärtigen Größe und Bedeutung heran. Es ist mir schwer, der Lockung zu widerstehen, seine Schönheiten etwas aus--


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003