Ruinen, die, teils künstlich,
teils natürlichg die Berghöhe überragen, hervorbringen, so hat man ein recht ansprechendes und wechselvolles
Landschaftsbild, das bei dem herrlichen Frühlingsmorgen zu doppeltem Naturgenuß aufforderte.
Jauchzend und singend wanderten wir denn auch munter und jugendlich frisch in der herrlichen Gebirgsnatur vorwärts,
erklommen zuerst die Trümmer der Markgrafenburg, von denen aus, am Eingang des Tals, man einen prächtigen Überblick
desselben und einen Durchblick auf die weite Ebene genießt, dann, durch dichtes Gebüsch über 500 Fuß steil
aufkletternd, den Siegenstein, den höchsten der umliegenden Berge, dessen Gipfel ein dorischer Tempel, der sogenannte
Husarentempel, ziert. Hier genossen wir die erste prachtvolle Aussicht, östlich auf die weite, unabsehbare Ebene mit
ihren fruchtbaren Feldern und Gräben, durch viele hundert Dörfer, Landgüter und Städte belebt und am Horizont von der
flachen Wellenkette des Leithagebirges bekränzt, nördlich die in einem verworrenen Knäuel verschmolzenen Häusermassen
Wiens, aus dem nur der riesige Stephansturm als überall kenntliches Wahrzeichen hervorragt, weiterhin die gebüschumschlossenen
Donauufer, westlich in die grünen Bergketten des Kahlengebirgs und Wiener Walds übergehend, die sich in schönen
Wellenformationen bis zu den nächsten Bergen der Umgebung heranziehen. Auch nach Süden setzt sich dieser grüne
Höhenzug weiter fort, erhält hier aber einen großartigen Hintergrund durch den kahlen, weißgefurchten Riesenrücken des
lang hingestreckten Schneeberges, an den sich im Südwesten noch einige andere Schneefelder aus den steierischen
Alpen anschließen.
Von der hohen Aussichtswarte herabgestiegen, durchschnitten wir einen Teil dieses grünen Waldgebirgs, indem wir im
Nordwesten von Baden über Gaden nach Heiligenkreuz gingen, ein sehr anmutiger vierstündiger Waldweg, abwechselnd durch
Laub- und Nadelholz, der in ersterem uns auch, besonders an den freien Stellen, sehr schöne botanische Ausbeute
lieferte, die freilich nicht so mannigfaltig ist wie die ungemein reiche Kalkflora am Eingang des Brühl, wo wir eine
Masse Hesperis tristis, Alyssum montanum, Arabis petraea et turrita, Cytisus ratisbonensis,
Globularia cordifolia et vulgaris, Erica carnea, Daphne Cneorum, Primula acaulis, Muscari
usw. gefunden hatten. Bei Gaden begegnete mir auch zum ersten Male Androsace marina und Dentaria enneaphyllos.
Sogar mein zoologischer sinn wurde in vieler Hinsicht überrascht, indem wir überall in Menge die ganz prachtvollen,
grünen, großen Eidechsen des Südens mit dem blauzen Kopfe (Lacerta viridis)auf den grasigen Felsen sich sonnten
und dazwischen riesige Exemplare von Coluber Aesculapii, einer gegen 4 Fuß langen, schwarzbraunen Schlange, sich
zeigten, den denen ich beim Heraufklettern auf einen Baum zu fangen das Glück hatte. Sehr zahlreich zeigte sich hier,
wie nachher im Helenental, die Blindschleiche, überall von einer bei uns ganz ungewöhnlichen Größe.
|
Faxsimile (Scan) dieser Textseite.
|