dem großen Zentralhotel ein Zimmer mit prächtiger Aussicht auf den
Hafen erhielten. Die beiden noch übrigen Tagesstunden benutzten wir, um mit Fol und Miklucho, die wir zufällig
sogleich auf der Straße trafen, uns alles in der Hauptstraße anzusehen. Bauart der Straßen, Einrichtung der Häuser,
Volksleben auf der Straße erinnert sehr an Neapel. Nur sahen wir hier viel mehr Exotisches, zahlreiche Neger und
westindische Mulatten, besonders unter den Lastträgern und Schiffern. Sehr charakteristisch für Lissabon sind
zweirädrige Ochsenkarren, den antiken römischen sehr ähnlich; die beiden Ochsen durch ein Joch verbunden, starke,
kräftige Tiere.
Abends besuchten wir die Oper, für welche uns Billette durch Fol und Miklicho oktroyiert waren. Da wir sehr müde
waren, langweilte uns das dürre vergnügen sehr, zumal es von 8-12 dauerte. Als wir aber aus dem Opernhaus (in
welchem wir auch den König sahen) hinaustragen, war uns ein Schauspiel ganz andrer Art bereitet, welches uns in das
größte Erstaunen und Entzücken versetzte. An dem wundervollen klaren Himmel, an welchem die Sterne in wirklich
feurigem Glanze funkelten, jagten sich zahlreiche Meteore, alle in der Richtugn von Norden nach Süden streichend. Es
waren die bekannten Sternschnuppenschwärme des 13. und 14. November, welche hier am südlichen Himmel bei der klarsten
Atmosphäre in einer den Nordländern unbekannten Herrlichkeit sich zeigten. Mit unseren gewöhnlichen Sternschnuppen
nicht zu vergleichen, hinterließen die meisten dieser Feuerkugeln bei ihrem Verschwinden einen langen, feurigen
Streifen, der ihre Bahn bezeichnete und der bei den größten, einem Kometenschweif ähnlich, mehrere Minuten lang
sichtbar blieb. Die größten Meteore glichen Feuerkugeln mit farbigem Licht (rot, blau, grün), welche gleich den
Feuerkugeln der künstlichen Feuerwerke strahlten. Das herrliche Schauspiel hielt uns noch ein paar Stunden wach. Wir
wnaderten am Hafen hin, in dessen dicht gedrängten Schiffsmassen bei ganz unbewegten Wasser die lautloseste
Stille herrschte, im grellen Kontrast zu dem Lärmen und Tosen des Tages. Erst um 2 Uhr kamen wir zu Bett.
Mittwoch, der 14. November, der einzige freie Tag in Lissabon, wurde zu einer Exkursion nach Eintra benutzt, dem
maurischen Schloß, welches uns von der Höhe gegenüber dem Lazarett immer so verlockend angesehen hatte. Morgens um
7 Uhr fuhren wir vier zusammen in einem offenen Wagen aus Lissabon fort. Fer Weg führt zunächst noch lange durch
Vorstädte von Lissabon hin, dann durch ein hügeliges, gut kultiviertes Terrain, dessen Stoppelfelder jetzt aber
sehr öde aussehen. Auf den Hügeln zahlreiche weiße Windmühlen. In den Tälern Wasserleitungen, den römischen ähnlich,
viele Kaktus- und Agave-Hecken, gleich denen von Sizilien. Um 11 Uhr waren wir in dem Dorfe Eintra, am Fuße der
schönen, langgestreckten Hügelkette gelegen, auf dessen östlicher Abdachung sich das Schloß erhebt. Nachdem wir
gefrühstickt, stiegen wir durch einen herr
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