den Eiskruste von ungefähr 1 m Dicke überzogen, unter welcher der Schnee
weggeschmolzen war. Jeder Tritt mußte einzeln mit einem Hammer ausgehauen werden. Der Führer erklärte unter diesen
Umständen die Ersteigung des Gipfels für unmöglich. Ich erklärte dagegen, daß ich auf alle Fälle die Höhe zu
forcieren versuchen würde und erst die Unmöglichkeit selbst mit Händen greifen müsse. Der Führer folgte nun noch
eine kurze Strecke, etwa ein Drittel der Höhe hinauf. Dann erklärte er, nicht weiter zu folgen, und schob auf mich
alle Verantwortung. Herr Wildpret, welcher mich vergebens beschworen hatte, unten zu bleiben, folgte mir selbst nach,
um mich nicht allein zu lassen, obwohl er sehr erschöpft war. Die letzte halbe Stunde war äußerst anstrengend. Etwa
300 Fuß unter dem Gipfel bekam ich die heftigsten Brustbeklemmungen und Kongestionen und fiel endlich ohnmächtig in den
Schnee. Ein tüchtiger Blutstrom aus der Nase beseitigte jedoch rasch die Ohnmacht, und nun ging es die letzten 300 Fuß,
die schwierigste Strecke, mit Aufgebot der letzten und äußersten Kräfte hinan. Punkt 12 Uhr mittags, am 26. November,
hatte ich das stolze Ziel erreicht und stand jubelnd auf der Spitze des höchsten Eisblocks, welcher sich auf der
höchsten STelle des Kraterrandes erhob, mehr als 13000 Fuß hoch über dem Meere! 10 Minuten nach mir hatte auch Herr
Wildpret, ganz erschöpft, den Gipfel erreicht.
Die Aussicht war bei herrlichsten Wetter vollkommen klar und über alle Beschreibung erhaben. Ich versuchte, den ganzen,
mit Eis bedeckten Kraterrand zu umgehen, was jedoch ganz unmöglich war. Der eisige, sehr scharfe und mächtige
Südwind ließ uns nur eine Stunde oben verweilen. Der Rückweg war noch schwieriger als das Hinaufklettern. Um 3 Uhr
waren wir wohlbehalten in der Estanzia Inglese zurück. Nach halbstündiger Ruhe wurde um 3 1/2 Uhr der Rückweg
angetreten. Um 10 Uhr abends landeten wir in Orotava.
Unsere Besteigung des 13000 Fuß hohen Pik von Teyde dürfte sowohl die beschwerlichste als die innteressanteste unter
allen bisherigen Ersteigungen des Pik gewesen sein. Wenigstens ist nach der einstimmigen Versicherung der Führer,
welche selbst am Fuße des Piton die Ersteigung der letzten Höhe vor unmöglich erklärten, diese Ersteigung noch
niemals unter so viel Gefahren und Hinternissen ausgeführt worden. In Orotava hatte die ganze Bevölkerung unserer
Expedition das vollständigste Mißlingen prophezeit; als wir nun doch siegreich heinkehrten, wurden wir höchlichst
angestaunt, und schon am folgenden Morgen existierten die fabelhaftesten mythischen Übertreibungen über die
Gefahren derselben. Das wetter begünstigte unser Unternehmen in der glücklichsten Weise, da der heftige Südsturm an
den vorhergehenden Tagen Schnee genug hinweggeschmolzen hatte, um die Besteigung überhaupt zu ermöglichen. Der
Frischgeschmolzene Schnee, sogleich wieder erstarrt, hatte die wunderbarsten Eisfiguren auf der Lave des Pik gebildet,
welche
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