sam ist,
der kasteit sich mit dem Genuß von trockenen Feigen und von gedörrtem Stockfisch, beides ganz unschuldige
Vegetabilien!
Inmitten dieser Kasteiungen nun, welche in der Karwoche auf die Spitze getrieben werden, bildet der Palmsonntag eine
höchst angenehme und willkommene Unterbrechung. Die ganze Landbevölkerung strömt an diesem Tage in die Stadt zusammen,
um an der Palmenprozession teil zu nehmen und sich nach Herzenslust zu amüsieren. Alle haben ihren besten Sonntagsstaat
angelegt, und so bietet denn die Prozession schönste Gelegenheit, um die buntgeputzten Bauern in glänzender Parade
an sich vorüberziehen zu lassen. Ihre gewöhnliche Alltagstracht besteht aus einer braunen, weiten Jacke, kurzen und
weiten blauen Pumphosen, welche durch einen breiten roten Leibgürtel zusammengehalten werden, weißen oder grauen
Strümpfen und gelben oder braunen Schnabelschuhen, deren Schnabel vorn hoch emporgekrümmt ist; auf dem Kopfe ein roter
Feß mit blauer Quaste, in der heißen Jahreszeit ein Strohhut mit sehr breiter Krempe. Die Frauen haben meist die dicken
Zöpfe zu mächtige Wulsten turbanartig zusammengebunden; oft werden dieselben durch künstliche Haare verstärkt und damit
ein Polster auf dem Kopfe gebildet, das nciht allein eine besondere Zierde, sondern auch eine bequeme Unterlage zum
Tragen der Wasserkrüge und anderer Lasten bildet. Dabei ist der Kopf meistens in ein weißes oder buntes, schleierähnliches
Kopftuch gehüllt, das über Schultern und Busen herabfällt. Das weiße Busentuch, vielfach gefaltet und üppig aufgebauscht,
quillt weit aus dem engen, roten oder schwarzen, oft goldgestickten Mieder hervor, und über diesem wir eine weite dunkle
Jacke getragen. Der lange, faltige Rock ist in der Regel von blauer Farbe. Alle wohlhabenden Frauen sind mit Gold-
und Silberschmuck, Ketten, Spangen, Münzen usw. dicht behangen. Denn alles erworbene Vermögen wird in solchem
Plunder angelebt.
Der Palmsonntag fiel diesmal nach griechischem Kalender auf den 1. April, an welchem bei uns in Deutschland der
Ostersonntag gefeiert wurde. Es war das schönste Frühlingswetter, und da es in den letzten Märztagen stark geregnet
hatte, strahlte Stadt und Land, Meer und Gebirge doppelt herrlich im warmen Sonnenglanze. Die Straßen waren mit Girlanden,
die geputzten Festleute mit Blumen geschmückt, und alles trug das heiterste Aussehen. Die Prozession selbst, an der die
ganze offizielle und nicht offizielle Welt von Korfu teilnahm, entfaltete den größten Pomp und bot ein reicheres Bild,
als ich je bei einer solchen Gelegenheit gesehen. Selbst die Januariusprozession in Neapel, die ich bis dahin für das
Non plus ultra vom kirchlichem Gepränge gehalten, wurde hier noch übertroffen. Fast alles, was nicht in der
buntfarbenen Nationaltracht glänzte, hatte seine bestimmte, mehr oder minder reichgeschmückte Uniform an: voran die
Garnison der Festung, dann die Beamten der Regierung, die Lehrer und Schüler des Lyzeums, die verschiedenen Gilden usw.
Namentlich aber zeichneten sich die griechischen Priester durch
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