Profiles aus; er erinnert, von Paläopolis gesehen, an den berühmten Monte Pellegrino
bei Palermo.
Es war der 23. April, der letzte Tag meines Aufenthaltes auf Korfu, als ich das herrliche Gasturi zum letzten Male
besuchte - ein wundervoller Frühlingstag, den ich nie vergessen werde. Um 5 Uhr morgens wanderte ich bereits längs des
alten Hafens über den HÜgelrücken nach El Canon, die balsamische Morgenluft in vollen Zügen einatmend. Dort setzte ein
alter, weißbärtiger Charon mich über den schmalen Hafenmund, an der Odysseu-Insel vorüber. Von da führt ein reizender
Pfad in einer Stunde längs der Wasserleitung am Bergabhang hin nach Benizze, einem kleinen Fischerdorfe am Fuße des
Kreuzbergs. Zur Linken hat man auf diesem Pfade stets das Meer, 100-200 Fuß unterhalb an vielgestaltigen Klippen
brandend, zur Rechten die steilen Berggehänge von Gasturi. Der Weg geht meist durch Olivenwald; er ist schattig
und doch zugleich licht, so daß man durch die Wipfel der alten Bäume hindurch duftige Fernblicke auf die
gegenüberliegende albanesische Küste genießt. Benizze selbst liegt bezaubernd in weltverlorener Einsamkeit, ganz
umschlossen von üppigen Hesperidengärten. Ein paar Stunden lang blieb ich hier im Schatten eines herrlichen
Orangenbaumes am Strande liegen und lauschte dem Wogengesange der Nereiden, die um die Strandklippen spielten,
während gleichzeitig das Auge sich an dem Wechsel der magischen Beleuchtung der fernen Gebirge ergötzte. Dann stieg
ich auf schattigem Bergpfade nach Gasturi hinauf, um noch einige Skizzen der schönsten Punkte zu sammeln. Ein
freundlicher Bauer hieß mich in seine niedere Hütte treten und bewirtete mich mit prachtvollen Orangen, Brot und
dem süßen Vino des paese. Eine Schar reizender Kinder tummelte sich im Sonnenglanze unter dem weiten Blätterdach
einer uralten Olive und spielte Versteckens in deren hohlem Stamm. Die älteste Schwester von etwa 16 Jahren, eine
homerische Gestalt mit den edelsten Gesichtszügen und bezaubernden schwarzen Augen, saß spinnend vor der Tür. Braune
Ziegen kletterten auf den Felsen umher. Eine Idylle von Gasturi! Abends traf ich verabredetermaßen mit meinem trefflichen
Freunde, dem Konsul Fels, unten am Platanenbrunnen zusammen, und wir fuhren in seinem Wagen bei erquickender
Abendkühle auf anmutiger Olivenstraße nach der Stadt zurück. Auf dieser vielbefahrenen Straße kann man sicher darauf
rechnen, jeden Abend einer Anzahl reizender Genrebilder zu begegnen: Hirtenknaben, die ihre Herden heimtreiben; Frauen,
die aus der Stadt heimkehren, teils zu Esel, teils im zweirädrigen, buntbemalten Karren; dazwischen langbärtige Popen
in schwarzem Talar, mit hohem Barett. Alles atmet behagliches und zufriedenes Landleben!
Mit diesem Charakterbilde der friedlichen Phäakeninsel sollten wir nun von derselben Abschied nehmen. Indessen ist es
vielleicht gestattet, ihm schließlich noch eine gänzlich kontrastierende Skizze von dem nahen -
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