Weiber jahrelang ihre Wohnung aufgeschlagen. Seine mächtigen Äste nehmen den ganzen Platz unter
den Schutz ihres grünen Blätterdaches. An dem maurischen Brunnen aber finden wir die schönste Staffage,
wasserschöpfende Mädchen von Gasturi, durch ihre hohen Gestalten und edlen, altgriechischen Gesichtszüge vor allen
anderen Korsiotinnen berühmt. Die hehren Helleninnen sind sich ihrer gepriesenen Vorzüge wohl bewußt und tragen nicht
umsonst ihre langen, schwarzen Zöpfe mit rotem Band umwunden unter dem weißen Kopfschleier. Wenn diese schlanken
Kanephoren mit gemessenem Schritte die steilen, steinigen Gassen des Dorfes herabsteigen, und wenn sie dann im
Schatten der Riesenplatane plaudernd am Brunnen stehen, in farbenglänzendem Gewand un dden schön geschwungenen
Henkelkrug hoch auf dem Haupte, so glaubt man, Statuen aus dem klassischen Altertum lebendig vor sich zu sehen. Dem
ersten genialen Maler, der noch Korfu kommt, um die noch ungehobenen Schätze der Schönheit einzuernten, empfehlen
wir als Hauptbild: Mädchen am Platanenbrunnen von Gasturi! Natürlich bei Abendbeleuchtung! Ein anderes originelles
Charakterbild von Gasturi ist der Glockenstuhl oben im Dorfe, neben der Schenke. Drei gekappte Olivenstämme
nebeneinander sind durch zwei Querbalken verbunden und die äußeren beiden Stämme durch je drei Äste, wie durch
Strebepfeiler, gestützt: alles Olivenholz unbehauen, mit den schönen Krümmungen seines natürlichen Wuchses. Oben am
Querbalken hängen frei die beiden Glocken. Und so sind noch eine Menge reizender kleiner und großer Bilder in diesem
schönheitsreichsten aller Korfudörfer zu finden! Häuser und Bäume, Menschen und Tiere - unter letzteren besonders
Ziegen und Schafe - stellen sich hier in besonderem ästhetischem Lichte dar; ungefähr so wie in Amalfi oder Capri,
wo auch alles "zum Malen" ist!
Oberhalb Gasturi erhebt sich auf einem steilen Felsenhügel eine sehr malerische Kapelle mit zierlichem Glockenturm;
der groteske Felsenkegel von St. Giorgio (hinter Pelleka) bildet in blauer Ferne den Hintergrund, den Mittelgrund
eine Schlucht mit Zypressenwald und Häusergruppen, den Vordergrund prächtige, uralte Oliven und orientalische
Lebensbäume (Thuja). Auf einem anderen Hügel gegenüber steht die anmutige Ville Braila, einem früheren Unterrichtsminister
von Athen gehörig und berühmt durch die Aussicht von ihrer Terrasse, eine der schönsten der Insel! Da dieselbe ganz
frei auf einem isolierten Bergvorsprung liegt, so hat man zu Füßen den ganzen Olivengarten von Mittelkorfu, links die
Schlucht von Gasturi und darüber den gewaltigen Monte Deca, rechts gegenüber El Canon und dahinter Stadt und Zitadelle,
überragt vom Salvatore. Noch freier und umfassender gestaltet sich die Aussicht von der Wallfahrtskapelle Hagia
Kyriaki, 1/2 Stunde überhalb Gasturi im Süden. Der Felsen, auf dem sie thront, liegt ganz frei, dem Monte Deca
im Westen, dem Monte Stauro im Süden gegenüber. Der letztere, der "Kreuzberg" von Korfu, zeichnet sich durch die Anmut seines
klassischen
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