Recht
behaupten, daß der heilige Wächterberg von Ceylon einer der merkwürdigsten Berggipfel unserer Erde sei, selbst ganz
abgesehen von der unbeschreiblichen Naturpracht, welche die Tropensonne in verschwenderischer Fülle über seine Gestalt
ausgießt. Wer daher in Ceylon war und den Adams-Pik nicht bestieg, begeht eigentlich eine größere Unterlassungssünde,
als derjenige, welcher in Rom war und den Papst nicht gesehen hat. Trotzdem wird aber der wunderbare Berg in der Tat
nur selten bestiegen; und unter hundert Europäern, die dort lebten oder sich vorübergehend dort aufhielten, ist
wohl kaum einer auf seinen Gipfel gelangt. Freilich ist aber diese Pilgerfahrt auch heute noch keine Kleinigkeit und
sie erfordert mancherlei Vorbereitung und Hilfsmittel.
Die erste Besteigung des Adams-Pik, über die wir eine ausführliche Beschreibung besitzen, die diejenige des
arabischen Gelehrten Ibn Batuta, aus dem Jahre 1340. Derselbe wurde durch eine Sturm von den flachen
Koralleninseln der Malediven nach Ceylon verschlagen; er sehr den hohen Berg der Inseln schon neun Tage lang wie eine
gewaltige blaue Rauchsäule aus dem Meere emporsteigen. Den Ort, an dessen zimtreichem Gestade er landete, nennt er
Battala, die Residenz eines ungläubigen Königs; es ist höchstwahrscheinlich das heutige Putalam, einige Tagesreisen
nördlich von Kolombo an der Nordwestküste. Von dem Könige gastfreundlich aufgenommen, äußert er als höchsten Wunsch,
den Fußtapfen seines Altvaters Adam auf dem Gipfel des heiligen Berges zu sehen. Der König sichert ihm hierfür seine
Unterstützung zu und läßt ihn in einem Palankin bis an den Fuß des Gebirges tragen, begleitet von zehn Kriegern seiner
Leibwache, fünfzehn Trägern von Lebensmitteln, vier Brahmanen-Priestern und vier frommen Büßern, die jedes Jahr die
Pilgerfahrt unternahmen und als Führer dienten.
Die Reise des arabischen Dichters geht zunächst längs der Küste nach Süden, dann ostwärts in das Innere der
Wunderinsel hinein. Hier kommt der zur Residenzstadt des Kaisers, Kankar,die zwischen hohen Bergen und am Ufer eines
großen Teiches liegt, in welchem Rubine und andere Edelsteine gefunden werden. (Vielleicht an der Stelle des
heutigen Kandy?) Er sieht den prächtig geschmückten Kaiser auf einem weißen Elefanten reiten, dessen Kopf mit sieben
großen Rubinen verzieht ist, jeder größer als ein Hühnerei. Die Frauen gehen gleich den Männern fast unbekleidet, sind
aber mit prachtvollem Rubinschmuck an Armen und Beinen geziert. Hinter Kankar beginnt der eigentliche Gebirgsweg, reich
an Beschwerden und Gefahren. Zwei verschiedene Gebirgspfade führen zum Pik hinauf, nach Adam und Eva bezeichnet, als
"Baba-Weg und Mama-Weg". Nur der Pilger kann das ganze Verdienst der beschwerlichen Pilgerfahrt in Anspruch
nehmen, der beide Wege gewandert ist. Der Baba-Weg, nach Vater Adam so benannt, ist weit rauher und beschwerlicher
als der Mama-Weg, der der Mutter Eva ge
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