Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Männerhaus oder ğMareaĞ. 361

steven gleich dem Vordersteven gebaut ist. Seinen Namen hat es von seiner Verwendung beim Walfischfang. Doch gebraucht man es auch mit Vorliebe an den tropischen Küsten, weil es sich ebenso gut durch Segel als durch Ruder bewegen läßt.

Vier Eingeborene ruderten das Boot, wußten aber nur schlecht mit den langen europäischen Rudern umzugehen. Fast alle wilden Völker ziehen ihre frei mit beiden Händen geführten Paddeln dem als Hebel wirkenden Ruder vor und pflegen, auch wo sie viel mit den Weißen in Berührung kommen, mit Zähigkeit an ihrer primitiveren und mechanisch weniger wirksamen Art des Ruderns festzuhalten. Dies kommt daher, daß ein schmales Einbaumboot sich in der Tat viel bequemer mit der Paddel als dem Hebelruder regieren läßt. Ich selbst habe dies oft erproben können, als ich im selbstgefertigten Einbaumkanoe den Burnett und seine Nebenflüsse befuhr. Übrigens ist ein flaches Einbaumboot zum Befahren tropischer Flüsse auch viel zweckmäßiger als ein tiefgehendes europäisches Kielboot.

Wir fuhren zunächst an der nordöstlichen, dichtbewaldeten Küste der Insel entlang, die hier aus geschichtetem, stark dislociertem Gestein besteht. Ein mächtiges Krokodil, das sich am Ufer gesonnt hatte, stürzte sich ins Meer und war sogleich unseren Blicken entschwunden. Diese Bestien sind im Hall Sound und an der Mündung des St. Joseph-Flusses sehr häufig und ungemein frech und räuberisch. Als wir die Nordspitze der Insel erreicht hatten, hielten wir auf das Festland zu und landeten bei dem kleinen Papuadörfchen Pinupaka, das nur etwas über hundert Einwohner zählt. Ein katholischer Missionar, Bruder Johann, ein Baier aus Eichstädt, lebte seit einiger Zeit hier, schien den Eingeborenen aber noch ziemlich fremd gegenüber zu stehen. Er klagte, daß er viel vom Fieber zu leiden habe.

Die Häuser des kleinen Dorfes sind mit großer Sorgfalt gebaut und ihr Stil abwechslungsreich und phantasievoll. Neben niedrigen rechtwinkligen Familien-Wohnhäusern, die allseitig bis auf den Eingang durch Matten geschlossen sind und als Vorbau eine breite Plattform besitzen, gibt es noch einige viel größere Häuser, die auf sechs bis acht Meter hohen Pfählen stehen und verschiedene Formen besitzen, am häufigsten die auf der nebenstehenden Photographie wiedergegebene. Sie werden ğMareaĞ genannt und dienen den unverheirateten Männern zur Schlaf- und Wohnstätte, sind überhaupt die Klub- und Versammlungshäuser der Männer, die Gasthäuser der fremden Besucher. Den Weibern ist ihr Betreten streng untersagt. Hier hängen und liegen die Waffen und Trophäen, die Pfosten tragen schönes Schnitzwerk, hie und da sah ich auch Schnitzereien, die


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003