höher ist) mit einem 4600 Fuß langen Tunnel, durch den wir 5
Minuten herauf fuhren. Außerdem zählte ich noch 15 Tunnels, darunter 6 größere. Einige sind seitlich durch Luken
durchbrochen, durch welche Licht hereinfällt und von denen jede einzelne ein ganz reizendes Bild einer kleinen, in
sich geschlossenen Alpenlandschaft gibt. Auch die Brücken und Viadukte, oft 2-3 Bögen Etages übereinander, sind
ganz großartig und ziehen sich stellenweis kühn an senkrecht abstürzenden Felswänden hin, während sie an anderen
Stellen ganz Täler und tiefe Schluchten überspringen.
Die Umgebungslandschaft trägt überall den erhabenen Hochgebirgscharakter: tiefeingeschnittene Täler und
scharfgezackte Kuppen, nackte Felsen und dunklebewaldete Bergabhänge, lieblichgrüne Wiesengründe und in ihnen, wie
Silberfäden hindurchziehend, klare Bäche. Belebt wird das Ganze durch die überall zerstreuten Sennhütten und die
weißen, schmucken Dörfer, durch die frühere Fahrstraße, deren kaum minder kühne Windungen man auf die überraschendste
Weise bald-, bald unterhalb der Eisenbahn sich hinziehen sieht, durch neue Schlösser und alte Ruinen, die auf den
Gipfeln steiler Felsen in das tiefe Tal hinunterschauen. Den größten Reiz gewähren aber die kühnen Windungen der
Bahn selbst, die man in der überraschendsten Mannigfaltigkeit bald hinter, bald vor, bald tief unter, bald hoch
über sich erblickt. Die Krümmungen, die das äußerst schwierige Terrain bedingt, sind ungemein stark und die Bahn
geht dieselbe Wegstrecke ungefähr viermal hin und zurück, ohne viel zwischen dem Tälerlabyrinth weiter zu kommen.
Von Adlitzgraben nach Klamm und von Eichberg nach Gloggnitz kann man auf direktem Weg bequem in derselben Zeit zu
Fuß hinübergehen, während welcher der Zug in weitem Bogen um mehrere Berge herum dahinfährt. In Eichberg sieht man
Gloggnitz 540 Fuß tiefer zu seinen Füßen liegen, kaum mehr als eine halbe Stunde entfernt, muß aber, um diesen
bedeutenden Abfall allmählich sich zu senken, noch um den weiten Abhang des ganzen Gotschakogels herumfahren. Ganz
reizend ist der Anblick des Schwarzautals und seiner Mündung in die weite Leitha-Ebene, wenn der Zug bei der
letzten Biegung nach Osten aus den Bergen hervortritt, die letzten langgestreckten Felsrücken beiderseits
zurücktreten und zwischen beiden die lachende, grüne Fläche vortritt, während im Rücken die Schneegipfel der Alpen
über das schwärzliche Grün der föhrenumwachsenen Berggehänge herüberschimmern. Nur ungern und mit der Hoffnung auf
baldiges Wiedersehen nahmen wir von ihnen Abschied und eilten von Gloggnitz aus auf den Flügeln der weit schnelleren
Flächenlokomotive in drei Stunden der Kaiserstadt zu, deren Staub und Städtedunst uns nach dem frischen Genuß der
freien Gebirgsluft doppelt drückend wurde. Um 5 Uhr nachmittag trafen wir auf dem Südbahnhof ein und brachten
unsere Pflanzenschätze sogleich in Sicherheit.
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