die
ersten Tage auf der Insel voraussichtlich mit Exkursionen und mit dem Genuß der prachtvollen subtropischen Natur
vergehen werden, so werden wir wohl erst Anfang Dezember unsere zoologischen Arbeiten beginnen.
So unangenehm mir auch diese bedeutende Verzögerung des ursprünglich auf Anfang September festgesetzten Anfangs
der Arbeit ist, so wird dieser Verlust doch durch die vielen nicht zoologischen Beobachtungen dieser Zeit mehr oder
weniger aufgewogen werden. Zunächst ist mir schon die Verlängerung des sonst gar zu kurzen Aufenthalts in London
in mehrfacher Beziehung angenehm. Sie gibt mir Gelegenheit, das wunderbare Leben dieser unvergleichlichen Weltstadt
noch etwas näher kennen zu lernen, welche mir schon in den ersten Tagen meines Hierseins die höchste Bewunderung
abgenötigt hat. London und seine Bewohner haben in der Tat alle meine Erwartungen übertroffen. So großartig, so
ganz verschieden von allen Festländischen, so weit erhaben über Paris, Berlin, Neapel usw. hatte ich mir London nicht
gedacht. Alles ist nach einem höchst großartigen Maßstabe zugeschnitten, der unsere festländischen Begriffe weit
übersteigt.
Zunächst tritt dieser gewaltige Maßstgab dem Ankömling in dem unermeßlichen Verkehr entgegen, der alle die
zahllosen Straßen und Gassen, Plätze und Märkte belebt, und der gewiß nirgends in der Welt überboten werden kann.
Nicht allein die Masser der sich durcheinanderdrängenden Fußgänger aller Nationen und Fuhrwerke aller Sorten auf
den Straßen selbst gibt davon eine Vorstellung, sondern noch mehr die wunderbaren, in ihrer Art einzigen Eisenbahnzüge,
welche die ganze Stadt unterirdisch durchkreuzen, in Tunnels, unter den Kellern der Häuser weggehend; ferner die nicht
minder merkwürdigen und durch die Kühnheit der Anlage ausgezeichneten Eisenbahnen, welche hoch über den Dächern der
Häuser hinweg oder zwischen ihren höheren Stockwerken hin bis in das Herz der Stadt dringen.
Nächst dem gewaltigen Weltverkehr und dem höchst bewunderungswürdigen Gemeinsinn, der sich in allen Einrichtungen
Londons ausspricht, hat mir der ungeheure Reichtun und Komfort, der nicht minder auffallend ist, am meisten den
Unterschied des festländischen und des englischen Lebens versinnlicht. Welche ungeheuren Summen sind hier überall
angewendet, teils, um das Leben möglichst angenehm und komfortabel, teils, um den Gebrauch der großartigen
Unterrichtsanstalten möglichst nutzbar zu machen. Unter letzteren ist die großartigste das Britische Museum,
welches nicht allein durch die unübertroffene Fülle des Inhalts, sondern noch mehr durch die äußerst passende,
praktische und instruktive Aufstellungsweise der Objekte alle ähnlichen Anstalten des Kontinents (Paris und
Berlin nicht ausgenommen) weit hinter sich läßt. Freilich beträgt auch die Dotation dieses einen Museums jährlich
30000 Pfund (200000 Taler!). Nächstem haben die außerordentlich schönen und reichen Sammlungen des Hunter-Museums
(im College of surgeon) mir am meisten imponiert.
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