volle Küstenlandschaft
mit ihren Wein- und Kaktusfeldern, ihren Lorbeer-, und Pinienwäldern werfen und über die zahlreichen Palmen und die
höchst seltenen Drachenbäume staunen, welcher überall in den Tälern, besonders in der Nähe der gelegenen Hütten
zerstreut standen.
Unser erster Gang in Orotava, wo wir in dem einzigen Hotel ziemlich dürftige Aufnahme fanden, war zu dem
ersten Pikführer, welcher unsere tiefgesunkene Hoffnung fast vernichtete, indem er erklärte, daß die auf dem Pik
liegenden Schneemassen die Besteigung zwar nicht unmöglich, doch so gefährlich machten, daß er die Führung nicht
übernehmen könne. Sehr niedergeschlagen brachten wir den Abend in unserer Fonda zu und faßten den Entschluß, auf alle
Fälle zu versuchen, so hoch wie möglich am Pik hinaufzukommen.
Die ganze Nacht hindurch wütete der heiße, trockene Südwind mit außerordentlicher Heftigkeit, sodaß wir von dem
Geklapper der Fensterladen und Jalousien und der schlecht geschlossenen Türen kaum schlafen konnten. Dieser Südsturm
war aber unser Glück, denn er schmolz in den 18 Stunden, in denen er anhielt, solche Schneemassen, daß nur
hierdurch die Pikbesteigung möglich wurde.
Als wir am Sonntag, den 25. November, aufstanden, sahen wir zu unserer großen Freude einen sehr großen Teil des
Schnees, der noch am letzten Abend die Spitze und den mittleren Teil des Pik bedeckt hatte, verschwunden und den
letzten Teil fast ganz schneefrei. Sofort wurde die Vorbereitung zur Besteigung getroffen, obgleich der Führer immer
noch die Möglichkeit bezweifelte.
Der Sonntag verging mit dem Besuch einiger schöner Gärten, unter denen derjenige des Marquis de Santal die erste
Stelle einnahm. Er enthält die größte Palme der Insel, deren prachtvolle Krone sich auf einem tadellosen, 90 Fuß
hohen Stamm wiegt. Seine großte Merkwürdigkeit aber ist der weltberühmte Drachenbaum, vielleicht dasjenige
Pflanzenindividuum, über welches am meisten geschrieben und gesprochen worden ist. Da Ihr ihn aus Humboldts
Darstellung kennt, beschränke ich mich auf die Bemerkung, daß diese vollkommen der Wirklichkeit entspricht, nur
daß leider seit Humboldts Zeit ein sehr großer Teil der Krone durch Stürme zerstört ist und der uralte Baumriese nur
noch eine kolossale Ruine darstellt.
Am Sonntag nachmittag gingen wir nach der eine Stunde von der Stadt entfernten Hafenstadt Puerto Orotava hinab, wo
wir in der brennenden Sonnenglut, die im Schatten über 24o R beträgt, ein herrlich erquickendes Seebad
nahmen, das erste in den atlantisch-afrikanischen Gewässern. Auch das feine Netz wurde ausgeworfen und lieferte uns
eine schöne Radiolarien-Kolonie (Sphaerozoum) und ein paar zierliche Medusen (Trachynema). Um 5
Uhr wurde das Mittagessen eingenommen, und um 6 Uhr legten wir uns zu Bett, um uns noch einige Stunden Ruhe vor der
Anstrengung des folgden Tages zu gönnen.
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