schlanken Asphodelos oder Höllenlilien, aus zarten violetten
Schwertlilien (Iris), Krokus, schönen weißen Kreuzblumen (Arabis) und mancherlei bunten
Schmetterlingsblumen und Kompositen gebildet. Ihr könnte euch kaum vorstellen, mit welchem Jubel wir diese herrliche
blütenreiche, frische und duftende Frühlingsvegetation begrüßten, nachdem wir auf dem öden Lanzarote so lange diese
Augenweide hatte entbehren müssen. Wir ließen durch unsere Führer große Büschel der duftenden Blumen sammeln, mit
denen wir unsere Maultiere schmückten.
Die schönste Überraschung stand uns aber noch bevor. Nach mehrstündigem scharfen Reiten hatten wir eine steile, dicht
mit immergrünem Buschwerk bewachsene Anhöhe erreicht, als plötzlich das Dickicht sich öffnete und wir vor einem
Anblick standen, den wir hier am wenigsten erwartet hatten. ZU unseren Füßen breitete sich ein ungeheurer Talkessel
aus, ein sanft vertieftes, mächtiges Becken, fast ganz mit niederem Buschwerk bewachsen, hie und da freundlich durch
frischgrüne Saatfelder unterbrochen, welche sich an kleine weiße Häusergruppen anlehnte. Darüber zog sich hinten ein
breiter Streif immergrünen Waldes hin, und über diesem erheben sich in prachtvoller Majestät großartige, in schönen
Linien lang hingezogene, violettblaue Bergketten, die letzten südwestlichen Ausläufer des stolzen Atlasgebirges. Um das
herrliche Landschaftsgemälde zu beleben, fand sich im Vordergrund eine ansehnliche Kamelherde, 20-30 stattliche Tiere,
welche unter dem frischgrünen Buschwerk mit großem Behagen die Frühlingsblüten abwedeten.
Nachdem wir uns an dem köstlichen Anblick recht von Herzen erlabt und ich rasch eine Aquarellskizze abgenommen, eilten
wir mitten durch das Buschwerk hindurch nach einem anderen, aber kahlen und mit einigen Hütten besetzen Hügel hin, der
schone lange unsere Aufmerksamkeit erregt hatte. Oben angelangt, wurden wir durch ein neues, prachtvollen Landschaftsbild
überrascht. Wir standen auf der steilen Uferhöhe eines tiefen Flußtales, in dessen blütengeschmücktem, bunten Grunde
sich der Mogadorfluß in schlangengleichen Krümmungen hinwand. Gegenüber auf der anderen Seite erhoben sich schöngestreckte,
teils nackte, teils dichtbewachsene Hügelketten übereinander.
Wir ritten nun eine ganze Strecke längs des Uferrandes hin und dann, wie immer, fast ohne Weg und Steg über steile
Blöcke, halb rutschend, halb kletternd, in das Tal selbst hinab. Hier folgten wir dem seichten Fluß, den wir mehrfach
durchritten, bald auf der rechten, bald auf der linken Uferseite, und gelangten endlich in die trichterartig erweiterte
Ausmündung des Flußtales, noch eben 1 Stunde vom Meere. Hier bot sich uns die schönste Abendbeleuchtung, ein neuer
herrlicher Anblick: zur Linken eine steile Anhöhe, zur Rechten eine Reihe ganz nackter, rotgelber Sandberge, in der Mitte
die Windungen des Flusses, welche bis zu dem Eintritt ins Meer zu verfolgen waren, und am Meer selbst,
langhin
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