Gegen Abend wandern wir nochmal durch das maurische Viertel, von da zum Wassertor, wo eir in einer
Nische des Tores zwei alte Arabeer sitzen sehen, vor denen eine große Masse Volk in Ehrfurcht versammelt steht. Die
beiden Alten, sehr malerisch und reich kostümiert, sind der Gouverneur (die höchste Person von Mogador) und der Kadi,
welche hier am Freitag Abend in der Tornische öffentlich Recht sprechen. Ich zeichne die höchst charakteristische
Szene in mein Skizzenbuch, während Dr. Greeff auf und ab geht. Der Gouverneur bemerkt uns, winkt uns höchst
gnädig heran und läßt sich uns durch den freundlichen Kadi, welcher in Holland, Belgien und England gewesen ist und
Englisch spricht, vorstellen. Er ist höchst ergötzt zu hören, daß wir Preußen sind, und läßt sich vom Krieg und den
Zündnadeln erzählen. Dann betrachtet er mit Bewunderung mein Skizzenbuch und fragt, ob wir ihm nicht ein Dutzend guter
Zigarren schenken könnten, was wir leider beide als Nichtraucher verneinen müssen. Wieder höchst amüsante Szene: er
versichert uns beim Abschied unter herzlichem Händedruck seines gnädigsten Wohlgefallens.
Samstag, den 9. März. Sabbat! Auf den maurischen folgt der jüdische Sonntag. Wir besuchen mehrere Synagogen und
bewundern den höchst seltsamen alttestamentlichen Ritus, der von den orthodoxen Juden Mogadors noch in aller Strenge
geübt wird, bis zum Küssen der aufgerollten Schriftrolle usw. Der amerikanische Konsul, ein sehr freundlicher alter
Juder, dem wir erzählt haben, wie interessant uns die jüdische Hochzeitsfeier war, ladet uns heute zu einer solchen im
größten Maßstabe ein. Die einzige Tochter des reichsten Juden von Mogador wird heute vermählt, und wir 3 Europäer
werden als Ehrengäste wieder den ersten Platz an der Tafel erhalten, wo wir die seltsame Zeremonie in aller Nähe
bewundern können. Nach den Feierlichkeiten folgte ein unendlich langes Dejeuner mit mehr als ein Dutzend verschiedenen
Fleischschüsseln. Endlich um 3 Uhr nachmittags sind wir erlöst und wir machen trotz des heftigen Windes noch einen
Spaziergang zur Villa des Gouverneurs, welche ganz öde mitten im Wüstensande der Küste liegt.
Sonntag, den 10. März. Morgens machen wir eine Anstandsvisite bei der reichen jüdischen Familie, deren Hause die
goldgeschmpckte Braut des vorigen Tages angehört. Dann reiten wir auf den trefflichen Maultieren, welche uns der Konsul
nebst einem Soldaten und einen Führer zur Disposition gestellt hat, trotz des immer noch sehr heftigen Windes
in die Ferne hinaus, diesmal nach Nordosten hin, auf der Straße nach Marokko. Wir müssen zunächst um eine größere
Lagune herumreiten, teilweise durch sie hindurch, dann 1 Stunde lang durch eine Sahara, völlige Wüstengegend, lediglich
aus Massen von nackten, gelbroten Sandhügeln gebildet, welche zusammen ein wirkliches Sandmeer bilden. Es verdient um
so mehr diesen Namen, als der heftige, wehende Wüstenwind, der Samum, von dem Rücken der lockeren Düngenhügel
ganze Wolken von Sand abhebt und über uns ausschüttet. Endlich liegt diese höchst unan
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