Samstag, Schlag 11 Uhr vormittags, endigt die
Fastenzeit unter folgender Zeremonie: vor jeder Haustür wird auf offener Straße ein Osterlamm geschlachtet und neben der
Tür aufgehängt; mit seinem Blute werden rote Kreuze an Tür und Wände gemalt, um dadurch den Eintritt des Würgengels und
jeder gefährlichen Krankheit vom Hause abzuwehren. Gleichzeitig werden alle Glocken geläutet, und aus den Fenstern
alte Töpfe, zerbrochene Geschirre u. dgl. auf die Straße geworfen, so daß es überall aussieht wie Polterabend; in den
engen Gassen kann man kaum über die Scherbenhaufen und die Blutlachen hinwegsteigen. Zu gleicher Zeit werden endlich
auch allenthalben Pistolen und Büchsen abgeschossen und dergestalt ein solcher Lärm erzeugt, daß Scharen von Hunden,
aufs höchste erschreckt, durch die Straßen jagen und draußen auf freiem Felde Zuflucht suchen. Das Schießen dauert
drei Tage hindurch ununterbrochen an und hört erst am Osterdienstag Nachmittag auf. Kein Jahr vergeht, ohne daß dabei
durch zerspringende Pistolen usw. verschiedene Unglücksfälle eintreten, und schon mancher Knabe hat sein Ostervergnügen
mit dem Leben büßen müssen.
Den Schluß der Karzeremonien bildet in der Nacht zum Ostersonntag eine große Messe in der Garnisonkirche der Zitadelle.
Auf dem hübschen, freien, von Lichtern und Fackeln erhellten Platze vor der Kirche sind Tausende von Menschen versammelt,
mit Beten, Singen und Pistolenschießen beschäftigt. Um Mitternacht verkünden Kanonensalven und Glockenläuten das Ende
der schweren Fastenzeit, und nun begibt sich die Garnison an die langen, in Lauben aufgestellten Tische, auf denen ihr
Osterlamm bereitet steht. Auch an den Osterfeiertagen selbst werden noch mancherlei seltsame Gebräuche geübt. Die Kirchen
sind mit Ölzweigen, Palmenblättern, Blumengirlanden festlich geschmückt.
Übrigens bieten die zahlreichen kleinen und die wenigen größeren Kirchen von Korfu weder in architektonischer noch in
anderer Beziehung irgend etwas bemerkenswertes. Dagegen sind die kleinen Dorfkapellen ein recht anmutiges Element in der
Landschaft, besonders durch ihre zierlichen Glockentürme. Diese Kampanilen stehen gewöhnlich seitwärts neben der
westlichen Portalfront. Das schlanke Schiff der meisten Kapellen trägt ein sehr flaches, braunes Dach, und am östlichen
Giebel springt eine halbrunde Apsis vor. Der Turm besteht gewöhnlich nur aus einer schmalen, hohen Mauer, über welcher
sich zwei Rundbögen erheben, über diesen in der Mitte noch ein dritter Rundbogen. In diesen Bögen hängen ganz frei die
drei Glocken.
Kapellen von besonderem Rufe, die zugleich Wallfahrtsorte sind, erheben sich auf vielen der höchsten Punkte der Insel.
So ist namentlich der Gipfel des Salvatore oder oder "Pantokrator", der alle anderen überragt und sich bis über
3000 Fuß Höhe steil erhebt, mit einer berühmten Klosterkirche geschmückt. Zur Feier von Christi Verklärung, am 6. August,
wird sie von einer großartigen Wallfahrt besucht: in dieser heißen Jahres
|
Faxsimile (Scan) dieser Textseite.
|