setzen. Die prachtvollen, seltsamen Blüten von schmarotzenden
Orchideen und Gewürzlilien zieren ihre Stämme. Kletternder Pandanus, Freycinetia, Purtada und andere Schmarotzerbäume
winden sich an den hohen Stämmen kühn empor, schwingen sich in stolzen Bogen von einem Baum zum andern und bilden die
Turngerüste für die munteren Scharen der Affen und Eichhörnchen, die hier ihre bewunderungswürdigen gymnastischen
Künste zeigen. Prächtige, metallglänzende, goldiggrüne Waldtauben, Papageien und Bienenfresser fliegen scharenweise
hoch oben zwischen den Kronen hin, während unten am rauschenden Waldbache große, blaugrüne Eisvögel mit der Fischjagd
beschäftigt sind. Zwischen den braunen Luftwurzeln der Schmarotzerpflanzen hängen auch zahlreiche grüne von
den Baumästen herab. Sobald wir diese letzteren aber erfassen wollen, entschlüpfen sie uns zwischen den Händen; denn es
sind zierliche Baumschlangen, die sich mit ihrem dünnen Peitschenschwanze an einem Baumast aufgehängt haben. Auch die
niedlichen kleinen Laubfrösche, die sich in den weißen Blumenkelchen der großen Lilien verstecken und da ihre
glockenähnlich Silberstimme ertönen lassen, sind schön grün bemalt, und so tragen auch noch viele andere Tiere des Waldes
auf der immergrünen Wunderinsel deren herrschende Charakterfarbe, entsprechend Darwins Gesetze der gleichfarbigen
Zuchtwahl.
Wie gerne würden wir in dem kühlen Schatten dieser erhabenen Urwälder länger weilen und an den rauschenden
Wasserfällen ihrer Bäche die zierlichen Farne und Selaginellen oder die seltsam gestalteten Balsaminen und Begonien
sammeln, die deren Ufer schmücken; oder zwischen den pfeilförmigen Riesenblättern der Araceen die großen Nachtfalter
und bunten Spinnen jagen; oder zwischen dem wirren Wurzelgeflecht der umgestürzten Baumriesen die goldglänzenden
Prachtkäfer (Buprestis), zwischen ihrem abgefallenen Lauf die wunderbaren ast- und blattgleichen Heuschrecken suchen, die
stabförmigen Gespenstschrecken (Phasma) und die wandelnden Blätter (Phyllium). Aber leider drängt unsere
Zeit; und leider lassen uns auch hier wieder die zahllosen kleinen Landblutegel nicht zu vollem Genusse gelangen.
Während dieser stolze Hochwald auf den steilen südlichen und westlichen Gehängen des Adams-Pik noch jetzt einen
zusammenhängenden immergrünen Mantel bildet und an 4-5000 Fuß emporsteigt, ist er dadagen an der nördlichen und
östlichen Seite jetzt größtenteils den vordringenden Kaffeepflanzungen zum Opfer gefallen. Er besteht hier nur noch in
den steilen, unzugänglichen Felsenschluchten siegreich den Vernichtungskampf, mit dem ihn Axt und Feuer des feindlichen
Pflanzers bedroht. Höher hinauf hingegen, oberhalb 5000 Fuß, ist auch jetzt noch der grüne Waldmantel des Pilgerberges
unversehrt, und gerade die charakteristische Gipfelpyramide, welche sich gegen 2000 Fuß hoch weit über alle Nachbarn
erhebt und über Land und Meer hinweg für den nahenden Schiffer das untrügliche Wahrzeichen der Insel bildet, gerade
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