schon seit langer Zeit dem verwaschenen Umrisse des Fußtapfens mit einer
leistenförmigen Gipseinfassung nachgeholfen, die an einem Ende durch vier einspringende Kämme die Spalten zwischen den
fünf Zehen angeben soll. Leider ist jedoch diese künstliche Nachhilfe so mangelhaft, daß man daraus nur aus eine
recht plumpe Form des Fußes schließen kann. Um unsere kritischen Bedenken etwas zu beschwichtigen, machte einer der
Priester darauf aufmerksan, daß der Abdruck ursprünglich vollkommen scharf und erst durch die Berührungen der zahllosen
Pilger mit Lippen und Häanden verwischt worden sei; und darin kann der fromme Mann wohl Recht haben, wenn man sich
erinnert, wie die Erzfüße des Apostels Petrus in der Peterskirche zu Rom durch das gleiche Verfahren gelitten haben.
Rings um den heiligen Fußtapfen war der rötliche Gneisfels mit den duftigen Blumen bestreut, welche die Singhalesen
gewöhnlich als Opfer vor ihren Buddhatempel zu bringen pflegen: die großen, weißen und gelben, aromatischen Blüten des
Tempelbaums (Plumiera) und des Jasmin, die roten Rosen der Melastomen und des Rhododendron. Diese und andere
Opferblumen sowie Betelblätter, Arekanüsse und Reishaufen lagen auch in kleinen Felsennischen außerhalb des Tempelchens
sowie auf der grünen Balustrade, welche dessen unteren Teil umgibt. Aus der letzteren erheben sich zwölf kleine, grüne
Säulen, welches das vorspringende Ziegeldach des Tempelchens mit zwei goldenen Knäufen tragen. An den vier Ecken ist
dasselbe, gleich einem verankerten Luftballon, an vier starken, in dem Felsboden befestigten Eisenketten angelegt, damit
es nicht von den heftigen, oft über die Pikspitze hinfegenden Windstößen fortgetragen wird.
Während der sechs Stunden, die wir auf dem Gipfel des Adams-Pik zubrachten, sahen wir mehrere Pilgerscharen daselbs
ihre Andacht verrichten; abwechselnd buddhistische Singhalesen und brahmanische Tamilen. Auch ein paar arabische
Mohammedaner kamen dazwischen herauf und beteten mit derselben Andacht den Sripada als Fußabdruck des Urvaters
Adam an, mit welcher unmittelbar vorher die schwarzen Malabaren denselben als Reliquie des Siva, und die braunen
Singhalesen als Andenken an Buddha verehrt hatten. Die gegenseitige friedliche Duldung, welche diese drei ganz
verschiedenen Religionen hier oben gegeneinander seit mehr als 1000 Jahren üben, ist in der Tat erhebend; sie ist in
vieler Beziehung beschämend, namentlich für die verschiedenen christlichen Sekten, die sich mit größter Intoleranz
befehden. Man denke nur an die blutigen Kämpfe der griechischen und römischen Christen am heiligen Grabe in
Jerusalem; oder an die widerwärtigen Beweise von gehässiger Unduldsamkeit, die wir selbst gegenwärtig noch jedes Jahr in
unserm Vaterlande erleben müssen.
Die Andachtsübungen der Pilger selbst waren meist einfach und bescheiden: tiefe Verbeugungen und Gebete vor dem
Sripada, Streuen von Blumen und Räuchern mit aromatischen Gewürzen, Anbrennen von
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