fache Größe und Erhabenheit verleihen. Nicht wenig
trägt dazu die wundervolle reine und frische Bergluft bei, die majestätische, tiefblaue Kuppel des indischen Himmels
und die lautlose Stille der umgebung - der Ausdruck des paradiesischen Friedens und des harmlosen Naturlebens, das die
wundervolle Insel überhaupt charakterisiert. Man lernt hier begreifen, wie diese isolierte Bergspitze der einigende
Mittelpunkt andächtigen Gottesdienstes für mehrere ganz verschiedene Religionsformen werden konnte.
Der treffliche Monograph von Ceylon, Sir Emerson Tennent, überwältigt von diesem Eindruck der Samanala-Aussicht, meint,
daß es vielleicht das großartigste Gebirgspanorama in der Welt sei, da kein anderer Berg von gleicher oder größerer
Höhe eine ebenso freie und unbegrenzte Rundsicht über Land und Meer gestatte. Das ist indessen ein Irrtum. Der
schneebedeckte Pik von Teneriffa, der fast die doppelte Meereshöhe erreicht und den ich am 26. November 1866,
ebenfalls vom schönsten Wetter begünstigt, bestieg, ist nicht allein in Bezug auf die chorologische Reihenfolge seiner
mannigfaltigen Pflanzengürtel weit interessanter, sondern gewährt auch ein weit umfassenderes und großartigeres
Panorama. Ich überblickte von seinem Gipfel nicht allein die ganze Gruppe der Kanarischen Inseln, sondern das Auge
schweifte von da ungehemmt über den Atlantischen Ozean bis zum afrikanischen Festlande von Marokko hinüber.
Ich hatte die Absicht gehabt, auf dem Gipfel des Pik zu übernachten, um die Phänomene beim Untergang und Aufgang
der Sonne, insbesondere den Wechsel seines kegelförmigen Schattens zu beobachten. Allein ich war durch den mehrmonatigen
Aufenthalt in dem feuchtheißen Treibhausklima des Küstenlandes so verwöhnt, daß mich schon um Mittag bei 15o
R empfindlich fror, trotzdem ich mich fest in Plaid und Wolldecke gewickelt hatte. Da nun das Thermometer während der
Nacht hier um diese Jahreszeit auf 3-4o sinkt, und da der kühle Nordost-Monsun durch die Fugen der Wände der
elenden und schmutzigen Priesterwohnungen frei hindurchstrich, verlor ich die Lust, auf dem harten Felsenboden der
letzteren zu übernachten. Zum Glück machte am Nachmittage auch das Wetter allen Zweifeln ein Ende. Die strahlende
Reinheit des sonnigen Morgenhimmels war schon gegen Mittag durch Ansammlung zahlreicher kleiner Haufenwolken getrübt
worden, die aus den dampfenden Tälern aufstiegen. Gegen zwei Uhr ballten sich dieselben zu dichten Nebelmassen,
welche schleierartig die Bergketten eine nach der anderen verhüllten. Nur dann und wann tauchte noch ein grünes Berghaupt
aus dem wogenden Nebelmeer für kurze Zeit auf. Die Aussichten auf einen klaren Abend schwanden bald ganz, und die
zunehmende Kühle bestimmte uns, schon gegen vier Uhr aufzubrechen und unsern steilen Rückweg nach St. Andrews
anzutreten.
Vor dem Aufbruche jedoch verrichteten auch wir auf dem Gipfel des heiligen Berges noch ein andächtiges Opfer der Weihe.
Es war der
|
Faxsimile (Scan) dieser Textseite.
|