Monistische Studien über Ursprung und Abstammung des Menschen von den Wirbelthieren, zunächst von den Herrenthieren.
------
Inhalt: Ursprung des Menschen. Mythische Schöpfungsgeschichte. Moses und Linné. Die Schöpfung der konstanten Arten. Katastrophen-Lehre. Cuvier. Transformismus, Goethe (1790). Descendenz-Theorie, Lamarck (1809). Selektions-Theorie, Darwin (1859). Stammesgeschichte (Phylogenie) (1866). Stammbäume. Generelle Morphologie. Naturliche Schöpfungsgeschichte. Systematische Phylogenie. Biogenetisches Grundgesetz. Anthropogenie. Abstammung des Menschen von den Affen. Pithecoiden-Theorie. Der fossile Pithecanthropus von Dubois (1894).
Der jüngste unter den großen Zweigen am lebendigen Baume der Biologie ist diejenige Naturwissenschaft, welche wir Stammesgeschichte oder Phylogenie nennen. Sie hat sich noch weit später und unter viel größeren Schwierigkeiten entwickelt, als ihre natürliche Schwester, die Keimesgeschichte oder Ontogenie. Diese letztere hatte zur Aufgabe die Erkenntniß der geheimnißvollen Vorgänge, durch welche sich die organischen Individuen, die Einzelwesen der Thiere und Pflanzen, aus dem Ei entwickeln. Die Stammesgeschichte hingegen hat die viel dunklere und schwierigere Frage zu beantworten: "Wie sind die organischen Species entstanden, die einzelnen Arten der Thiere und Pflanzen?".
Die Ontogenie (sowohl Embryologie als Metamorphosenlehre) konnte zur Lösung ihrer nahe liegenden Aufgabe zunächst unmittelbar den empirischen Weg der Beobachtung betreten; sie brauchte nur Tag für Tag und Stunde für Stunde die sichtbaren Umbildungen zu verfolgen, welche der organische Keim innerhalb kurzer Zeit während der Entwickelung aus dem Ei erfährt. Viel schwieriger war von vornherein die entfernt liegende Aufgabe der Phylogenie; denn die langsamen Processe der allmählichen Umbildung, welche die Entstehung der Thier- und Pflanzen-Arten bewirken, vollziehen sich unmerklich im Verlaufe von Jahrtausenden und Jahrmillionen; ihre unmittelbare Beobachtung ist nur in sehr engen Grenzen möglich, und der weitaus größte Theil dieser historischen Vorgänge kann nur indirekt erschlossen werden: durch kritische Reflexion, durch vergleichende Benutzung von empirischen Urkunden, welche sehr verschiedenen Gebieten angehören, der Paläontologie, Ontogenie und Morphologie. Dazu kam noch das gewaltige Hinderniß, welcher der natürlichen Stammesgeschichte allgemein durch die enge Verknüpfung der "Schöpfungsgeschichte" mit übernatürlichen Mythen und religiösen Dogmen bereitet wurde; es ist daher begreiflich, daß erst im Laufe der letzten vierzig Jahre die wissenschaftliche Existenz der wahren Stammesgeschichte unter schweren Kämpfen errungen und gesichert werden mußte.
Höchst verhängnißvoll aber wurde für die Wissenschaft das theoretische Dogma, welches schon von Linné selbst mit seinem praktischen Species-Begriffe verknüpft wurde. Die erste Frage, welche sich dem denkenden Systematiker aufdrängen mußte, war natürlich die Frage nach dem eigentlichen Wesen des Species-Begriffes, nach Inhalt und Umfang desselben. Und gerade diese Fundamental-Frage beantwortete sein Schöpfer in naivster Weise, in Anlehnung an den allgemein gültigen Mosaischen Schöpfungs-Mythus: "Species tot sunt diversae, quot diversas formas ab initio creavit infinitum ens". (- Es giebt so viel verschiedene Arten, als im Anfange vom unendlichen Wesen verschiedene Formen erschaffen worden sind. -). Mit diesem theosophischen Dogma war jede natürliche Erklärung der Art-Entstehung abgeschnitten. Linné kannte nur die gegenwärtig existirende Thier- und Pflanzen-Welt; er hatte keine Ahnung von den viel zahlreicheren ausgestorbenen Arten, welche in den früheren Perioden der Erdgeschichte unseren Erdball in wechselnder Gestaltung bevölkert hatten.
Erst im Anfange des 19. Jahrhunderts wurden diese fossilen Thiere durch Cuvier näher bekannt. Er gab in seinem berühmten Werke über die fossilen Knochen der vierfüßigen Wirbelthiere (1812) die erste genaue Beschreibung und richtige Deutung zahlreicher Petrefakten. Zugleich wies er nach, daß in den verschiedenen Perioden der Erdgeschichte eine Reihe von ganz verschiedenen Thier-Bevölkerungen auf einander gefolgt war. Da nun Cuvier hartnäckig an Linné's Lehre von der absoluten Beständigkeit der Species fest hielt, glaubte er deren Entstehung nur durch die Annahme erklären zu können, daß eine Reihe von großen Katastrophen und von wiederholten Neuschöpfungen in der Erdgeschichte auf einander gefolgt sei; im Beginne jeder großen Erd-Revolution sollten alle lebenden Geschöpfe vernichtet und am Ende derselben eine neue Bevölkerung erschaffen worden sein. Obgleich diese Katastrophen-Theorie von Cuvier zu den absurdesten Folgerungen führte und auf den nackten Wunderglauben hinauslief, gewann sie doch bald allgemeine Geltung und blieb bis auf Darwin (1859) herrschend.
Man hätte erwarten sollen, daß dieser großartige Versuch, die Abstammungslehre oder Descendenz-Theorie wissenschaftlich zu begründen, alsbald den herrschenden Mythus von der Species-Schöpfung erschüttert und einer natürlichen Entwickelungslehre Bahn gebrochen hätte. Indessen vermochte Lamarck gegenüber der konservativen Autorität seines großen Gegners Cuvier ebenso wenig durchzudringen, wie zwanzig Jahre später sein Kollege und Gesinnungsgenosse Géoffroy St. Hilaire. Die berühmten Kämpfe, welcher dieser Naturphilosoph 1830 im Schooße der Pariser Akademie mit Cuvier zu bestehen hatte, endigten mit einem vollständigen Siege des Letzteren. Die mächtige Entfaltung, welche zu jener Zeit das empirische Studium der Biologie fand, die Fülle von interessanten Entdeckungen auf den Gebieten der vergleichenden Anatomie und Physiologie, die Begründung der Zellentheorie und die Fortschritte der Ontogenie gaben den Zoologen und Botanikern einen solchen Ueberfluß von dankbarem Arbeits-Material, daß darüber die schwierige und dunkle Frage nach der Entstehung der Arten ganz vergessen wurde. Man beruhigte sich bei dem althergebrachten Schöpfungs-Dogma. Selbst nachdem der große englische Naturforscher Charles Lyell 1830 in seinen Principien der Geologie die abenteuerliche Katastrophen-Theorie von Cuvier widerlegt und für die anorganische Natur unseres Planeten einen natürlichen und kontinuirlichen Entwickelungsgang nachgewiesen hatte, fand sein einfaches Kontinuitäts-Princip auf die organische Natur keine Anwendung. Die Anfänge der natürlichen Phylogenie, welche in Lamarck's Werke verborgen lagen, wurden ebenso vergessen, wie die Keime zu einer natürlichen Ontogenie, welche 50 Jahre früher (1759) Caspar Friedrich Wolff in seiner Theorie der Generation gegeben hatte. Hier wie dort verfloß ein volles halbes Jahrhundert, ehe die bedeutendsten Ideen über natürliche Entwickelung die gebührende Anerkennung fanden. Erst nachdem Darwin 1859 die Lösung des Schöpfungs-Problems von einer ganz anderen Seite angefaßt und den reichen, inzwischen angesammelten Schatz von empirischen Kenntnissen glücklich dazu verwerthet hatte, fing man an, sich auf Lamarck, als seinen bedeutendsten Vorgänger, wieder zu besinnen.
Vergleichen wir die beiden großen Begründer des Transformismus, so finden wir bei Lamarck überwiegende Neigung zur Deduktion und zum Entwurfe eines vollständigen monistischen Naturbildes, bei Darwin hingegen vorherrschende Anwendung der Induktion und das vorsichtige Bemühen, die einzelnen Theile der Descendenz-Theorie durch Beobachtung und Experiment möglichst sicher zu begründen. Während der französische Naturphilosoph den damaligen Kreis des empirischen Wissens weit überschritt und eigentlich das Programm der zukünftigen Forschung entwarf, hatte der englische Experimentator umgekehrt den großen Vortheil, das einigende Erklärungs-Princip für eine Masse von empirischen Kenntnissen zu begründen, die bis dahin unverstanden sich angehäuft hatten. So erklärt es sich, daß der Erfolg von Darwin ebenso überwältigend, wie derjenige von Lamarck verschwindend war. Darwin hatte aber nicht allein das große Verdienst, die allgemeinen Ergebnisse der verschiedenen biologischen Forschungskreise in dem gemeinsamen Brennpunkte des Descendenz-Princips zu sammeln und dadurch einheitlich zu erklären, sondern er entdeckte auch in dem Selektions-Princip jene direkte Ursache der Transformation, welche Lamarck noch gefehlt hatte. Indem Darwin als praktischer Tierzüchter die Erfahrungen der künstlichen Zuchtwahl auf die Organismen im freien Naturzustande anwendete und in dem "Kampf um's Dasein" das auslesende Princip der natürlichen Zuchtwahl entdeckte, schuf er seine bedeutungsvolle Selektionstheorie, den eigentlichen Darwinismus (vergl. hierüber Arnold Lang, Zur Charakteristik der Forschungswege von Lamarck und Darwin. Jena 1889).
Als weitere Folgerung dieser Pithecoiden-Theorie (oder "Affen-Abstammungslehre" des Menschen) ergab sich die schwierige Aufgabe, nicht nur die nächstverwandten Säugethier-Ahnen des Menschen in der Tertiär-Zeit zu erforschen, sondern auch die lange Reihe der älteren thierischen Vorfahren, welche in früheren Zeiträumen der Erdgeschichte gelebt und während ungezählter Jahr-Millionen sich entwickelt hatten. Die hypothetische Lösung dieser großen historischen Aufgabe hatte ich schon 1866 in der Generellen Morphologie zu beginnen versucht; weiter ausgeführt habe ich dieselbe 1874 in meiner Anthropogenie (I. Teil: Keimesgeschichte, II Theil: Stammesgeschichte). Die fünfte, umgearbeitete Auflage dieses Buches (1903) enthält diejenige Darstellung der Entwickelungsgeschichte des Menschen, welche bei dem gegenwärtigen Zustande unserer Urkundenkenntniß sich dem fernen Ziele der Wahrheit nach meiner persönlichen Auffassung am meisten nähert; ich war dabei stets bemüht, alle drei empirischen Urkunden, die Paläontologie, Ontogenie und Morphologie (oder vergleichende Anatomie) möglichst gleichmäßig und im Zusammenhange zu benutzen. Sicher werden die hier gegebenen Descendenz-Hypothesen im Einzelnen durch spätere phylogenetische Forschungen vielfach ergänzt und berichtigt werden; aber eben so sicher steht für mich die Ueberzeugung, daß der dort entworfene Stufengang der menschlichen Stammesgeschichte im Großen und Ganzen der Wahrheit entspricht. Denn die historische Reihenfolge der Wirbelthier-Versteinerungen entspricht vollständig der morphologischen Entwickelungsreihe, welche uns die vergleichende Anatomie und Ontogenie enthüllt: auf die silurischen Fische folgen die devonischen Lurchfische, die karbonischen Amphibien, die permischen Reptilien und die mesozoischen Säugethiere; von diesen erscheinen wiederum zunächst in der Trias die niedersten Formen, die Gabelthiere (Monotremen), dann im Jura die Beutelthiere (Marsupialien), und darauf in der Kreide die ältesten Zottenthiere (Placentalien). Von diesen letzteren treten wieder zunächst in der ältesten Tertiär-Zeit (Eocaen) die niedersten Primaten-Ahnen auf, die Halbaffen, und zwar von den Catarrhinen zuerst die Hundsaffen (Cynopitheken), später die Menschenaffen (Anthropomorphen); aus einem Zweige dieser letzteren ist während der Pliocän-Zeit der sprachlose Affenmensch entstanden (Pithecanthropus alalus), und diesem endlich der sprechende Mensch.
Viel schwieriger und unsicherer als diese Kette unserer Wirbelthier-Ahnen ist diejenige der vorhergehenden wirbellosen Ahnen zu erforschen; denn von ihren weichen skelettlosen Körpern kennen wir keine versteinerten Ueberreste; die Paläontologie kann uns hier keinerlei Zeugniß liefern. Um so wichtiger werden hier die Urkunden der vergleichenden Anatomie und Ontogenie. Da der menschliche Keim denselben Chordula-Zustand durchläuft, wie der Embryo allen anderen Wirbelthiere, da er sich ebenso aus zwei Keimblättern einer Gastrula entwickelt, schließen wir nach dem biogenetischen Grundgesetze auf die frühere Existenz entsprechender Ahnen-Formen (Vermalien, Gastraeaden). Vor Allem wichtig aber ist die fundamentale Thatsache, daß auch der Keim des Menschen, gleich demjenigen aller anderen Thiere, sich ursprünglich aus einer einer einfachen Zelle entwickelt; denn diese Stammzelle (Cytula) - die "befruchtete Eizelle" - weist zweifellos auf eine entsprechende einzellige Stammform hin, ein uraltes (laurentisches) Protozoon.
Für unsere monistische Philosophie ist es übrigens zunächst ziemlich gleichgiltig, wie sich im Einzelnen die Stufenreihe unserer thierischen Vorfahren noch sicherer feststellen lassen wird. Für sie bleibt als sichere historische Thatsache die folgenschwere Erkenntniß bestehen, daß der Mensch zunächst vom Affen abstammt, weiterhin von einer langen Reihe niederer Wirbelthiere. Die logische Begründung dieses Pithekometra-Satzes habe ich schon 1866 im siebenten Buche der "Generellen Morphologie" betont (S. 427): "Der Satz, daß der Mensch sich aus niederen Wirbelthieren, und zwar zunächst aus echten Affen, entwickelt hat, ist ein spezieller Deduktions-Schluß, welcher sich aus dem generellen Induktions-Gesetze der Descendenz-Theorie mit absoluter Nothwendigkeit ergiebt."
Von größter Bedeutung für die definitive Feststellung und Anerkennung dieses fundamentalen Pithekometra-Satzes sind die paläontologishcne Entdeckungen der letzten drei Dezennien geworden; insbesondere haben uns die überraschenden Funde von zahlreichen ausgestorbenen Säugethieren der Tertiär-Zeit in den Stand gesetzt, die Stammesgeschichte dieser wichtigen Thierklasse, von den niedersten, eierlegenden Monotremen bis zum Menschen hinauf, in ihren Grundzügen klarzulegen. Die vier Hauptgruppen der Zottenthiere oder Placentalia, die formenreichen Legionen der Raubthiere, Nagethiere, Hufthiere und Herrenthiere, erscheinen durch tiefe Klüfte getrennt, wenn wir nur die heute noch lebenden Epigonen als Vertreter derselben ins Auge fassen. Diese Klüfte werden aber vollkommen ausgefüllt und die scharfen Unterschiede der vier Legionen gänzlich verwischt, wenn wir ihre tertiären, ausgestorbenen Vorfahren vergleichen, und wenn wir bis in die eocäne Geschichts-Dämmerung der ältesten Tertiär-Zeit hinabsteigen (mindestens drei Millionen Jahre zurückliegend!). Da finden wir die große Unterklasse der Zottenthiere, die heute mehr als 2500 Arten umfaßt, nur durch eine geringe Zahl von kleinen und unbedeutenden "Urzottenthieren" vertreten; und in diesen Prochoriaten erscheinen die Charaktere jener vier divergenten Legionen so gemischt und verwischt, daß wir sie vernünftiger Weise nur als gemeinsame Vorfahren derselben deuten können. Die ältesten Raubthiere (Ictopsales), die ältesten Nagethiere (Esthonychales), die ältesten Hufthiere (Condylarthrales) und die ältesten Herrenthiere (Lemuravales) besitzen alle im Wesentlichen dieselbe Bildung des Knochen-Gerüstes und dasselbe typische Gebiß der ursprünglichen Placentalien mit 44 Zähnen (in jeder Kieferhälfte drei Schneidezähne, ein Eckzahn, vier Lückenzähne und drei Mahlzähne); sie zeichnen sich alle durch die geringe Größe und die unvollkommene Bildung ihres Gehirns aus (besonders des wichtigsten Teiles, der Großhirnrinde, die sich erst später bei den miocänen und pliocänen Epigonen zum wahren "Denkorgane" entwickelt hat): sie haben alle kurze Beine und fünfzehige Füße, die mit der flachen Sohle auftreten (Plantigrada). Bei manchen dieser ältesten Zottenthiere der Eozän-Zeit war es Anfangs zweifelhaft, ob man sie zu den Raubthieren oder Nagethieren, zu den Hufthieren oder Herrenthieren stellen sollte; so sehr nähern sich hier unten diese vier großen, später so sehr verschiedenen Legionen der Placentalien bis zur Berührung. Unzweifelhaft folgt daraus ihr gemeinsamer Ursprung aus einer einzigen Stammgruppe. Diese Prochoriata lebten schon in der vorhergehenden Kreide-Periode (vor mehr als drei Jahr-Millionen!) und sind wahrscheinlich in der Jura-Periode aus einer Gruppe von insektenfressenden Beutelthieren (Amphitheria) durch Ausbildung einer primitiven Placenta diffusa entstanden, einer Zottenhaut einfachster Art.
Die wichtigsten aber von allen neueren paläontologischen Entdeckungen, welche Stammesgeschichte der Zottenthiere aufgeklärt haben, betreffen unseren eigenen Stamm, die Legion der Herrenthiere (Primates). Früher waren versteinerte Reste derselben äußerst selten. Noch Cuvier, der große Gründer der Paläontologie, behauptete bis zu seinem Tode (1832), daß es keine Versteinerungen von Primaten gäbe; zwar hatte er selbst schon den Schädel eines eocänen Halbaffen (Adapis) beschrieben, ihn aber irrthümlich für ein Hufthier gehalten. In den letzten beiden Decennien sind aber gut erhaltene, versteinerte Skelette von Halbaffen und Affen in ziemlicher Zahl entdeckt worden; darunter befinden sich alle die wichtigen Zwischenglieder, welche eine zusammenhängende Ahnen-Kette von den ältesten Halbaffen bis zum Menschen hinauf darstellen.
Der berühmteste und interessanteste von diesen fossilen Funden ist der versteinerte Affenmensch von Java, welchen der holländische Militär-Arzt Eugen Dubois 1894 entdeckt hat, der vielbesprochene Pithecanthropus erectus. Er ist in der That das vielgesuchte "Missing link", das angeblich "fehlende Glied" in der Primaten-Kette, welche sich ununterbrochen vom niedersten katarrhinen Affen bis zum höchst entwickelten Menschen hinaufzieht. Ich habe die hohe Bedeutung, welche dieser merkwürdige Fund besitzt, ausführlich erörtert in dem Vortrage "Ueber unsere gegenwärtige Kenntniß vom Ursprung des Menschen", welchen ich am 26 August 1898 auf dem vierten Internationalen Zoologen-Kongreß in Cambridge gehalten habe. Der Paläontologe, welcher die Bedingungen für Bildung und Entdeckung von Versteinerungen kennt, wird die Entdeckung des Pithecanthropus als einen besonders glücklichen Zufall betrachten. Denn als Baumbewohner kommen die Affen nach ihrem Tode (wenn sie nicht zufällig ins Wasser fallen) nur selten unter Verhältnisse, welche die Erhaltung und Versteinerung ihres Knochengerüstes gestatten. Durch den Fund dieses fossilen Affenmenschen von Java ist also auch von Seiten der Paläontologie die "Abstammung des Menschen vom Affen" ebenso klar und sicher bewiesen, wie es früher schon durch die Urkunden der vergleichenden Anatomie und Ontogenie geschehen war; wir besitzen jetzt in der That alle wesentlichen Urkunden unserer Stammesgeschichte.